Verfahrensgang
AG Göttingen (Entscheidung vom 18.09.2012; Aktenzeichen 74 IN 11/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 18.09.2012 aufgehoben.
Das Amtsgericht Göttingen - Insolvenzgericht - hat eine Gläubigerversammlung anzuberaumen.
Gründe
Mit Beschluss vom 01.04.2001 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Rechtsanwalt Peter Freiherr Roeder von Diersburg zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Insolvenzverwalter hat mit Schriftsatz vom 25.10.2010 beantragt,
eine Gläubigerversammlung einzuberufen. Als Grund hat er ausgeführt, dass die Gläubigerversammlung folgenden Beschluss fassen solle:
"Da ein Gläubigerausschuss bestellt worden ist, ist der Insolvenzverwalter berechtigt, Geld, Wertpapiere oder Kostbarkeiten von der Stelle, bei der hinterlegt oder angelegt worden ist, in Empfang zu nehmen, ohne dass ein Mitglied des Gläubigerausschusses mit unterzeichnet (§ 149 Abs. 2 InsO)."
Da dieser Beschluss in der ersten Gläubigerversammlung unterlassen worden sei, müsse er nachgeholt werden.
Das Amtsgericht hat in der Folgezeit die Gläubigerversammlung nicht einberufen. Der Insolvenzverwalter hat mehrfach an seinen Antrag erinnert. Mit Beschluss vom 18.09.2009 hat das Amtsgericht den Antrag des Insolvenzverwalters auf Einberufung der Gläubigerversammlung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, nach § 149 Abs. 2 InsO a.F. sei der Insolvenzverwalter nur dann berechtigt, Geld u.a. von der Hinterlegungsstelle in Empfang zu nehmen, wenn ein Mitglied des Gläubigerausschusses mit unterzeichnet habe. Das Gleiche gelte auch für Anweisungen auf die Hinterlegungsstelle. Zwar könne die Gläubigerversammlung eine abweichende Regelung beschließen, ein derartiger Beschluss sei jedoch bislang durch eine Gläubigerversammlung nicht gefasst worden. Die Kassenführung durch den Insolvenzverwalter würde durch einen solchen Beschluss erheblich erleichtert. Da jedoch dem Insolvenzverwalter hier die Kassenführung durch Beschluss vom 30.04.2008 entzogen und auf den Sonderinsolvenzverwalter übertragen worden sei, fehle dem Insolvenzverwalter für eine vom Gesetz abweichende Regelung durch die Gläubigerversammlung derzeit das Rechtsschutzbedürfnis. Darüber hinaus könne die Gläubigerversammlung einen entsprechenden Beschluss nur für die Zukunft, nicht jedoch für das Handeln des Insolvenzverwalters in der Vergangenheit fassen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, die Rechtsfrage, ob eine entsprechende Beschlussfassung der Gläubigerversammlung nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit vorgenommen werden könne, müsse nicht vom Insolvenzgericht entschieden werden.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 75 Abs. 3 InsO zulässig, sie ist auch begründet. Das Amtsgericht hat entsprechend dem Antrag des Insolvenzverwalters die Gläubigerversammlung einzuberufen. Der Antrag des Insolvenzverwalters ist zulässig, denn er ist gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 InsO antragsbefugt. Darüber hinaus hat er das Einberufungsverlangen auf einen bestimmten Grund gestützt, so dass das Gericht im Rahmen der Einberufung die Tagesordnung ordnungsgemäß formulieren kann (vgl. Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung § 75 Rdnr. 6; 6. Auflage, § 75 Rdnr. 9). Wenn jedoch die Antragsberechtigung vorliegt und der Antragsteller den Zweck der einzuberufenden Gläubigerversammlung mitteilt, hat das Insolvenzgericht grundsätzlich die Gläubigerversammlung einzuberufen, ohne dass ihm hierbei ein Ermessen zusteht (AG Duisburg NZI 2010, 910; BGH NZI 2005, 31; OLG Celle ZIP 2002, 900; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung a.a.O. Rdnr. 10). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Antrag offenkundig willkürlich, das heißt ersichtlich ohne sachlich vertretbaren Grund gestellt wird, insbesondere, wenn der angestrebte Beschluss außerhalb der Beschlusskompetenz der Gläubigerversammlung läge oder sonst offenkundig rechtswidrig wäre (AG Duisburg a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Für das vorliegende Insolvenzverfahren gilt § 149 InsO a.F. Danach ist die Mitunterzeichnung von Quittungen durch ein Gläubigerausschussmitglied vorgesehen. Die Gläubigerversammlung kann jedoch eine abweichende Regelung beschließen. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Insolvenzverwalter eine solche abweichende Regelung. Dass eine solche grundsätzlich zulässig ist, ergibt sich aus dem weiterhin für das vorliegende Verfahren geltenden § 149 Abs. 3 InsO a.F.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts fehlt dem Insolvenzverwalter nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Einberufung der Gläubigerversammlung mit der oben genannten Beschlussformulierung, weil ihm die Befugnis zur Kassenführung entzogen und diese auf den Sonderinsolvenzverwalter übertragen ist. Der Antragsteller ist nach wie vor Insolvenzverwalter. Da gegenwärtig nicht feststeht, wann das Insolvenz...