Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist bei einer Klage des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner auf Zahlung von Arbeitsentgelten gegeben. Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten bei einer Klage des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner auf Zahlung von Arbeitsentgelten

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen den Arbeitgeber des Insolvenzschuldners auf Zahlung von Arbeitsentgelt zur Insolvenzmasse ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann eröffnet, wenn der Arbeitgeber das verdiente Arbeitsentgelt bereits an den Schuldner ausgezahlt hat.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 3; InsO § 80 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Entscheidung vom 02.11.2007; Aktenzeichen 10 O 929/07)

 

Tenor

1. Der Rechtsweg zu den ordetlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt.

2. Der Rechtstreit wird an das Arbeitsgericht Göttingen verweisen.

 

Tatbestand

I.

Über das Vermögen des Ehemannes der Beklagten, Herrn A (im Folgenden: Schuldner), wurde nach dessen Eigenantrag am 20.6.2001 das Insolvenzverfahren vor dem AG Göttingen (Az. 74 IN 326/01) eröffnet, wobei der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Mit Beschluss des AG Göttingen v. 27.12.2005 wurde Herr Rechtsanwalt W zum Sonderinsolvenzverwalter mit dem Aufgabengebiet der Prüfung der Forderungen für die Gläubiger und die Vertretung der Gläubiger in dem Erörterung- und Abstimmungstermin im Insolvenzplanverfahren, bei denen der Insolvenzverwalter Dr. F gem. § 181 BGB an der Besorgung der Angelegenheit verhindert ist, bestellt. Durch rechtskräftigen Beschluss des AG Göttingen v. 29.10.2008 wurde dem Schuldner gem. § 300 InsO Rechtsschuldbefreiung mit Wirkung zum 20.6.2008 erteilt. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet. Schon bevor dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt worden ist, hatte dieser mit der Beklagten einen Arbeitsvertrag mit Wirkung v. 1.4.2007 geschlossen, der durch Nachtrag v. 28.8.2007 hinsichtlich der Werthöhe modifiziert wurde. Die Gehaltszahlungen für die Monate April 2007 bis einschließlich Juni 2008 zum Gesamtbetrag von 15.573,66 EUR zahlte die Beklagte nicht an den Kläger, sondern an den Schuldner. Nach dem Vorbringen der Beklagten war Hintergrund des Abschlusses des Arbeitsvertrags mit Zusatzvereinbarung durch den Schuldner ein Schreiben des AG Göttingen v. 27.12.2005, gerichtet an den Schuldner, in dem der in dem betreffenden Insolvenzverfahren tätige Rechtspfleger u.a. ausgeführt hat:

„Sehr geehrter Herr xxx, auch durch die wiederholten Anfragen kann der Sachverhalt nicht verändert werden.

Ich werde daher nur zu drei Punkten nochmals Stellung nehmen:

  1. .‚…
  2. Die von ihrer Familie und der Sparkasse Göttingen gezählten Beträge zur Masse sind endgültig. Es werden keine weiteren Forderungen erfolgen.
  3. …’

Das Insolvenzgericht wird auf weitere Fragen, die bereits Gegenstand der umfangreichen Telefonate und des umfangreichen Schriftverkehrs waren, nicht mehr entworfen, sofern keine neuen Sachverhalte mehr vorgetragen werden …”.

Nach erfolglos verlaufenen vorgerichtlichen Bemühungen nimmt der Kläger die Beklagte nunmehr im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Zahlung der an früherer Stelle erwähnten Gehaltszahlungen an die Masse in Anspruch, wobei er die Auffassung vertritt, unter Berücksichtigung der §§ 80 Abs. 1, 81 Abs. 1 Satz 1, 82 Satz 1 InsO habe die Beklagte die Gehaltszahlungen nicht wirksam an den Schuldner geleistet, sodass sie zur (erneuten) Zahlung an die Insolvenzmasse verpflichtet sei und ihm als Insolvenzverwalter ein entsprechendes Forderungsrecht zustehe.

Die Beklagte ist der Auffassung, der vorliegende Rechtsstreit sei durch das ArbG Göttingen zu entscheiden. Sie bestreitet im Hinblick auf die Bestellung des Herrn Rechtsanwalt W als Sonderinsolvenzverwalter die Aktivlegitimation des Klägers, ist der Meinung, aufgrund des Schreibens des AG Göttingen v. 27.12.2005, das ihr durch den Schuldner zur Kenntnis gebracht worden sei, habe sie die Arbeitsentgelte befreiend an den Schuldner geleistet, und beruft sich schließlich im Hinblick auf die das Jahr 2007 betreffenden Arbeitsentgelte auf Verjährung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Für die mit der Klage verfolgten Ansprüche ist die ausschließliche Zuständigkeit der ArbG gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a), 3 ArbGG gegeben.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Arbeitsentgelten zur Abgeltung der Tätigkeit des Schuldners in der Zeit v. April 2007 bis einschließlich Juni 2008 aufgrund des zwischen der Beklagten und dem Schuldner geschlossenen Arbeitsvertrags nebst Zusatzvereinbarung. Damit macht der Kläger einen Anspruch aus dem zwischen der Beklagten als Arbeitgeberin und dem Schuldner als Arbeitnehmer zustande gekommenen Arbeitsverhältnis geltend. Ein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) ArbGG ist dann berücksichtigungsfähig, wenn es z.Zt. der Klage besteht, zuvor bestanden hat oder aber begründet werden sollte. Hier bestand jedenfalls in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum v....

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