Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 08.06.2020; Aktenzeichen 16 C 57/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg in Holstein vom 08.06.2020, Az. 16 C 57/19, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin und die Beklagten bilden die aus über 1500 Einheiten bestehende WEG ... in ...,.

Die Klägerin ist Eigentümerin von zwei nebeneinanderliegenden Wohnungseigentumseinheiten im Haus ... und beabsichtigte, einen Wanddurchbruch herzustellen, um die beiden Einheiten zu verbinden. Hintergrund hierfür war, dass der Ehemann der Klägerin erheblich pflegebedürftig war und in einer der beiden Wohnungseigentumseinheiten eine Pflegekraft wohnen und über eine Verbindung schnell zu dem in der benachbarten Einheit lebenden Ehemann der Klägerin gelangen können sollte.

Nachdem ein Antrag der Klägerin auf Genehmigung des Wanddurchbruchs mit dem auf der Versammlung vom 15.06.2019 zu TOP 28.1 gefassten Beschluss mehrheitlich abgelehnt worden war, beantragte die Klägerin mit der am 15.07.2019 erhobenen Klage, den zu TOP 28.1 gefassten Beschluss aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, ihrem Beschlussantrag zuzustimmen, wonach ihr Antrag auf einen Wanddurchbruch zwischen ihren Wohnungen ... und ... zu genehmigen ist, sofern sie dafür die erforderlichen Kosten trägt – auch im Hinblick auf die Unterhaltung –, eine Fachfirma beauftragt und die bauliche Unbedenklichkeit statisch nachgewiesen wird.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat mit dem am 08.06.2020 verkündeten Urteil im Wege der Beschlussersetzung den folgenden Beschluss gefasst:

„Die Wohnungseigentümer beschließen, dass der Klägerin gestattet wird, einen Wanddurchbruch zwischen der Wohnung ... und ... im Bereich der aneinandergrenzenden Flure in Form eines Einbaus einer Verbindungstür vorzunehmen, wenn die Baumaßnahme sachkundig geplant und durch ein Fachunternehmen nach den Regeln der Baukunst ausgeführt wird und der WEG Nachweise dafür vorliegen, dass keine Bedenken im Hinblick auf die Statik, Brandsicherheit und Versicherungsschutz bestehen.”

Im Übrigen, also im Hinblick auf das Beschlussanfechtungsbegehren, hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie machen geltend:

  • Obwohl die Klägerin eine sogenannte Regelungsklage nach § 21 Abs. 4 WEG aF erhoben habe, habe das Amtsgericht in nicht zulässiger Weise durch eine Beschlussersetzungsklage im Sinne von § 21 Abs. 8 WEG aF entschieden.
  • Es habe an der für eine solche Beschlussersetzung notwendigen Vorbefassung der Gemeinschaft gefehlt, da sich der zu TOP 28.1. gefasste ablehnende Beschluss nicht auf den gleichen Gegenstand bezogen habe, der Inhalt der Beschlussersetzung durch das Amtsgericht sei.
  • Bei der Verbindungswand zwischen den beiden benachbarten Wohnungseigentumseinheiten der Klägerin handele es sich um eine Stahlbetonwand, sodass ein Durchbruch als bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG aF anzusehen sei. Die für die Durchführung einer solchen Maßnahme erforderliche Voraussetzung, nämlich ein seinem Inhalt und Umfang nach hinreichend bestimmter Beschluss, liege nicht vor. Es sei anhand des Beschlusses nicht zu erkennen, welche konkreten baulichen Maßnahmen, in welchem Umfang durchgeführt werden sollten. Zudem sei nach dem Inhalt des Beschlusses offen, wann die in dem Beschluss aufgeführten Bedingungen erfüllt sein müssten. Richtigerweise müssten diese Bedingungen aber bereits vor Beginn der Baumaßnahmen nachgewiesen werden; aus dem Beschluss gehe dies aber nicht hervor.
  • Mit der von der Klägerin beabsichtigten baulichen Veränderung in Form eines Durchbruchs von Wänden seien Nachteile in Form einer Beeinträchtigung der Statik und des Brandschutzes sowie einer Einschränkung des Versicherungsschutzes verbunden. Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung, die auch bei der Beschlussersetzung durch ein Gericht beachtet werden müsse, sei aber, dass die konkreten Umstände berücksichtigt werden, um dem Eintritt von derartigen zuvor genannten Nachteilen wirksam begegnen zu können.

Die Beklagten beantragen,

auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg in Holstein vom 08.06.2020, Aktenzeichen 16 C 57/19, aufgehoben, soweit das Gericht im Wege der Beschlussersetzung einen Beschluss gefasst hat. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die amtsgerichtliche Entscheidung. In diesem Zusammenhang macht sie insbesondere geltend, dass bei Einhaltung der im Beschluss aufgeführten Maßnahmen, also der sachkundigen Planung sowie Ausführung durch ein Fachunter...

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