Verfahrensgang
AG Wolfhagen (Beschluss vom 07.07.2000; Aktenzeichen 7 M 176/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Wolfhagen vom 07.07.2000 abgeändert.
Bei der Bemessung des Pfändungsfreibetrages des Schuldners ist dessen Ehefrau nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Der nach der Tabelle zu § 850 c ZPO pfändbare Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners ist infolge seiner zur Hälfte zu berücksichtigenden gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau um weitere 315,00 DM monatlich zu erhöhen.
Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 3.780,00 DM.
Gründe
Die Gläubigerin vollstreckt aus einem vor dem Landgericht Kassel am 08.07.1999 abgeschlossenen Vergleich, Az.: 6 O 818/98, sowie einem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.08.1998 insgesamt 11.824,07 DM. Sie hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfhagen vom 16.02.2000 erwirkt, durch den die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis gepfändet und überwiesen wurden. Der Schuldner verfügt ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 09.09.1999 über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.216,00 DM. Er ist einem minderjährigen Kind und seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau unterhaltspflichtig. Der Schuldner hat in seinem Vermögensverzeichnis vom 09.09.1999 angegeben, dass seine getrennt lebende Ehefrau eigene Einkünfte auf der Basis eines 630,00 DM Jobs bezieht.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Gläubigerin vom 16.05.2000, die Ehefrau des Schuldners gemäß § 850 c Abs. 4 ZPO zur Hälfte unberücksichtigt zu lassen, mit der Begründung zurückgewiesen, die Gläubigerin habe keine substantiierten Angaben hinsichtlich der Ehefrau des Schuldners bezüglich ihres Namens sowie der Art und Höhe ihrer Einkünfte gemacht.
Die hiergegen gerichtete, fristgerecht bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde ist nach § 793 ZPO zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.
Hat eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, kann das Vollstreckungsgericht gemäß § 850 c Abs. 4 ZPO auf Antrag der Gläubigerin nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Diese flexible Regelung soll es ermöglichen, den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen (amtliche Begründung, BT-Drucksache 8/694, S. 49). Bei der Bestimmung der Höhe des zu berücksichtigenden Unterhalts sind gem. § 850 c Abs. 4 ZPO die Gläubigerinteressen gegen die Interessen des Schuldners und der von ihm unterhaltenen Angehörigen abzuwägen (BAG, DB 1984, 2466). Eine Bindung an starre Regelungen besteht nicht. Es ist dem Zweck des § 850 c Abs. 4 ZPO Rechnung zu tragen, der dem über eigenes Arbeitseinkommen verfügenden Angehörigen einen, allerdings durch die Verschuldung geminderten und eher bescheidenen, Unterhalt sichern will.
Dem Amtsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Gläubigerin in ihrem Antrag nach § 850 c Abs. 4 ZPO die unterhaltsberechtigte Person zu bezeichnen sowie Art und Höhe ihrer Einkünfte anzugeben hat (vgl. Zöller/Stöber, Komm. zur ZPO, 21. Auflage, § 850 c Rdnr. 13). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts genügen jedoch die von der Gläubigerin in ihrem Antrag gemachten Angaben diesen Anforderungen. Der Vor- und Nachname der Ehefrau ist nicht zwingend anzugeben; es genügt die Angabe „Ehefrau”, um die Person, die bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben soll, hinreichend zu individualisieren. Die Gläubigerin hat ferner, von dem Schuldner unwidersprochen, in ihrem Antrag angegeben, dass die Ehefrau des Schuldners ein Einkommen in Höhe von 630,00 DM aus einem 630,00 DM Job erzielt. Damit sind Art und Höhe der Einkünfte des Angehörigen ausreichend bezeichnet. Es ist somit von einem eigenen Arbeitseinkommen der getrennt lebenden Ehefrau des Schuldners in Höhe von monatlich 630,00 DM auszugehen.
Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob sich die Bedarfsermittlung des Unterhaltsberechtigten im Rahmen des § 850 c Abs. 4 ZPO am Sozialhilfebedarf der Person, ggfs. unter Berücksichtigung eines Zuschlages für Erwerbstätige und für vom Regelsatz nicht erfaßte Aufwendungen, zu orientieren hat (vgl. LG Frankfurt, Rpfl. 1988, 73; LG Münster, Jur-Büro 1990, 1364; AG Hamm, Jur-Büro 1990, 1366). Denn auch, wenn man der entgegengesetzten Auffassung des OLG Oldenburg (Rpfl. 1995, 262 f.; vgl. im Anschluss daran LG Erfurt, Jur-Büro 1966, 553 f.; LG Marburg, Jur-Büro 1999, 662 f.), nach welcher das Einkommen des Unterhaltsberechtigten im Rahmen des § 850 c Abs. 4 ZPO erst ab einem Betrag in Höhe des Grundfreibetrages der Tabelle zu § 850 c ZPO von 1.219,99 DM vollständig und ansonsten nur anteilig anzurechnen ist, folgt, entspricht es – ebenso wie nach der am Sozialhilfebedarf des Unt...