Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachenrechtsbereinigung: Bereinigungsanspruch eines Mitbenutzers. Sachenrechtsbereinigung: grasbewachsener Weg keine bauliche Anlage. Sachenrechtsbereinigung: Anspruchsberechtigung nur des Stichtagsbenutzers
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Bereinigungsanspruch eines Mitbenutzers nach SachenRBerG § 116 Abs 1.
2. Ein mit Gras bewachsener Weg stellt keine bauliche Anlage iSd SachenRBerG § 1 Abs 1 Nr 4 dar und eröffnet nicht den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes.
3. Anspruchsberechtigter Mitbenutzer iSd SachenRBerG § 116 Abs 1 ist der Stichtagsnutzer zum 2. Oktober 1990; eine Rechtsnachfolge ist nicht möglich.
Orientierungssatz
1. Der Geltungsbereich des SachenRBerG § 116, wonach Mitbenutzern fremder Grundstücke dinglich gesicherte Ansprüche eingeräumt werden, ist auf Anlagen beschränkt, die GrundbuchBerG § 9 (juris: GBBerG) nicht unterfallen, sowie auf privat errichtete und genutzte Versorgungsanlagen. Bei diesen Anlagen handelt es sich um Wege, Versorgungs- und Entsorgungsstraßen, Leitungsstraßen, Errichtung von Umspannungsanlagen, Masten, Rohren, aber auch Zufahrtstraßen.
2. Zitierung zu Leitsatz 2: Anschluß LG Chemnitz, 17. März 1998, 6 S 4900/97, VIZ 1998, 585.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Gardelegen vom 4. Januar 2001 - Geschäftsnummer 32 C 249/99 - aufgehoben.
Auf ihr Anerkenntnis werden die Beklagten zu 1.) und 2.) verurteilt, auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur 2, Flurstück 408/30 die Nutzung eines Notwegerechtes durch den Kläger zu dem Erreichen des Grundstücks Gemarkung H., Flur 2, Flurstück 33/2, eingetragen im Grundbuch von H., Bl. 211, zu dulden. Der Weg verläuft auf dem Flurstück 408/30 an der Ostseite in einer Breite von 5 m und einer Länge von 30 m von der öffentlichen Verkehrsfläche zu dem Flurstück 33/2 und besteht in der Benutzung der Fläche, die in der Grenzanerkennungsliste des Katasteramtes Salzwedel vom 14. Mai 1948 mit den Punkten 1-2-3-4-5-1 gekennzeichnet ist.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Der Streitgegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 DM bis zum 18. April 2001 und für die Zeit danach auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Gardelegen vom 4. Januar 2001 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).
In der Sache führt die begründete Berufung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
A. Grunddienstbarkeit
I.
Entgegen der amtsgerichtlichen Entscheidung steht dem Kläger kein Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Entgeltes gemäß §§ 116, 118 Abs. 1 SachenRBerG zu.
Nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG hat der Mitbenutzer des Grundstücks gegen den Eigentümer desselben einen Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Absicherung seiner Grundstücksnutzung, wenn die Nutzung vor dem 2. Oktober 1990 begründet wurde, die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321, 322 ZGB nicht begründet wurde.
Ein Anspruch des Klägers auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit (nach dem Hauptantrag) an dem Grundstück der Beklagten in der Gemarkung H., Flur 2, Flurstück 408/30, liegt hier indes nicht vor, da der Anwendungsbereich der Rechtsnorm im konkreten Fall nicht eröffnet ist und auch die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Aus denselben Erwägungen ist auch der auf eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gerichtete Hilfsantrag unbegründet. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
1.
Zwar ist der Kläger Eigentümer des im Grundbuch von H. Blatt 211 verzeichneten Grundstücks Flurstück 33/2, Flur 2 und könnte als solcher mithin nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG anspruchsberechtigt sein. Der Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ist jedoch hinsichtlich der etwaigen Nutzung des streitgegenständlichen Weges, der über das Grundstück der Beklagten (Flurstück 408/30) verläuft, aus anderen Gründen nicht gegeben.
In der untergegangenen DDR. wurden vielfach Wege, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen über andere Grundstücke verlegt, ohne dass hierfür Mitbenutzungsrechte nach §§ 321, 322 ZGB begründet oder die Mitbenutzung durch besondere Rechtsvorschriften gestattet wurden. Auf eine rechtliche Absicherung der Mitbenutzung wurde insbesondere im ländlichen Bereich verzichtet, da die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ein umfassendes gesetzliches Bodennutzungsrecht hatten. Die Grundstückseigentümer mussten deshalb bei der Inanspruchnahme ihrer Grundstücke nicht befragt werden. Viele Anlagen auf diesen Grundstücken sind hier gegen den erklärten Willen der Grundstückseigentümer ent...