Entscheidungsstichwort (Thema)
Verteidigungsanlage im Außenbereich. Aufgabe der militärischen Nutzung. Rechtsnachfolge bei Beseitigungsanordnung. Reformatio in peius im Widerspruchsverfahren. Adressat (Beseitigungsanordnung). Bauaufsichtsbehörde (Zuständigkeit). Beseitigungsanordnung (Rechtsnachfolge). Bestandsschutz (Wegfall). Landesverteidigung. Rechtsnachfolge. reformatio in peius. Störerauswahl. Verteidigungsanlage (Nutzungsaufgabe). Verteidigungsanlagen (Zustimmung). Zeitpunkt, maßgeblicher. Zustimmung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die militärische Nutzung einer Verteidigungsanlage endgültig aufgegeben, erlischt auch die besondere öffentliche Zweckbestimmung nach § 37 BauGB mit der Folge, dass die Anlage nach § 35 BauGB zu beurteilen ist.
2. Zur Zuständigkeit der unteren Bauaufsichtsbehörde für die Anordnung der Beseitigung einer ehemaligen Verteidigungsanlage.
3. Hat die Bauaufsichtsbehörde zur Durchführung der Beseitigungsanordnung eine Frist nach Eintritt der Bestandskraft der Verfügung gesetzt, führt ein Wechsel des Verantwortlichen während des gerichtlichen Verfahrens nicht zur Rechtswidrigkeit der Beseitigungsanordnung, weil die Beseitigungsanordnung auch gegenüber dem Rechtsnachfolger gilt.
Normenkette
BauGB §§ 29, 35 Abs. 1 Nr. 4, § 37 Abs. 2, 4; NBauO § 61 Abs. 3, § 65 Abs. 3; NBauO 89 II 3
Verfahrensgang
VG Braunschweig (Aktenzeichen 2 A 2171/96) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Bundesrepublik Deutschland wendet sich als Klägerin gegen eine bauaufsichtliche Beseitigungsanordnung des Beklagten.
Die Klägerin mietete im Jahre 1967 in dem Waldgelände „Auf der Schalke” bei G. vom Land Niedersachsen das Flurstück 5/2 der Gemarkung Z., um dieses den französischen Streitkräften zur Verfügung zu stellen. In dem Mietvertrag vom 18. Juli/28. August 1967 wurde in § 9 Satz 2 geregelt, dass der Mieter Behelfsbauten und nicht massive Bauten und Anlagen am Ende des Vertragsverhältnisses auf eigene Kosten beseitigen werde. Das Mietverhältnis wurde mit dem Nachtrag vom 1. Juli/14. Juli 1970 auf einen Teil des Flurstückes 5/1 erstreckt.
Die französischen Streitkräfte errichteten auf dem Gelände, das im Landschaftsschutzgebiet liegt, eine Nachrichtenstation mit zahlreichen Bauten in massiver und nicht massiver Bauweise, unter anderem einen 60 m hohen Fernmeldeturm und verschiedene Stationsgebäude aus Beton. Zum Teil errichteten die französischen Streitkräfte die Bauten im sogenannten Truppenbauverfahren selbst nach Art. 49 Abs. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut – ZA NTS –, zum anderen Teil wurden die Anlagen im sogenannten Auftragsverfahren durch die zuständigen Baudienststellen des Landes gemäß Abs. 2 der vorgenannten Vorschrift errichtet.
Wegen Wegfall des militärischen Bedarfs gaben die französischen Streitkräfte die gesamte Liegenschaft einschließlich sämtlicher Baulichkeiten und Anlagen am 15. Juli 1993 an die Klägerin zurück. Diese kündigte das Nutzungsverhältnis mit dem Land Niedersachsen mit Schreiben vom 22. Juni 1993 zum 30. September 1993. Das Land Niedersachsen lehnte die Rücknahme der Liegenschaft ohne vorherige Beseitigung der baulichen Anlagen ab.
Mit Verfügung vom 22. Juni 1995 gab der Beklagte der Klägerin auf, rückstandsfrei sämtliche auf dem Flurstück 5/2 vorhandene bauliche Anlagen zu beseitigen. Zur Durchführung der erforderlichen Abbruchmaßnahmen gewährte er der Klägerin eine Frist von sechs Monaten nach Bestandskraft der Verfügung. Der Beklagte begründete seine Verfügung damit, dass die militärischen Anlagen nach Aufgabe der militärischen Nutzung keinen Bestandsschutz mehr genössen. Durch die Aufgabe der militärischen Nutzung sei eine Entprivilegierung eingetreten. Eine weitere zulässige Folgenutzung sei nicht beabsichtigt. Die Klägerin sei Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über die baulichen Anlagen und neben dem Grundstückseigentümer bauordnungsrechtlich für den Zustand der vorhandenen baulichen Anlagen verantwortlich.
Gegen diese Verfügung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20. Juli 1995 Widerspruch. Die Bezirksregierung wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 1996 zurück. Außerdem erstreckte sie die Beseitigungsverfügung auch auf die militärischen Anlagen auf dem Flurstück 5/1. Zur Begründung der materiellen Baurechtswidrigkeit führte sie aus: Nach der Entprivilegierung der ehemaligen militärischen Anlagen beeinträchtigten diese Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, weil im Landschaftsschutzgebiet bauliche Anlagen aller Art verboten seien. Weiterhin verunstalte die Militäranlage das in der Umgebung des Baugrundstücks vorhandene Landschaftsbild dadurch, dass Gebäude und Türme weithin sichtbar seien und einen von weitem erkennbaren, erheblichen Fremdkörper in der sonst unbebauten und offenen Berglandschaft bildeten. Das Vorhaben beeinträchtige auch die natürliche Eigenart der Landschaft und ihre Aufgabe als Erholungsgebiet, weil es in der den Anlagenkomplex umgebenden Landschaft, die von jeglicher B...