Leitsatz (amtlich)
1. Für einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts gem. § 217 Abs. 1 Satz 3/3. Alt. BauGB bedarf es weder der Durchführung eines Vorverfahrens (§ 212 BauGB) noch der Einhaltung der Antragsfrist(en) des 217 Abs. 2 BauGB.
2. Im Rahmen einer vereinfachten Umlegung kommt eine Neubegründung von Dienstbarkeiten nach den §§ 80 Abs. 4 Satz 1; 82 Abs. 1 Satz 1 BauGB ausschließlich dann in Betracht, wenn die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse eine solche Neubegründung nach Art und Umfang erfordert. Das wiederum setzt das Bestehen eines sachlichen Zusammenhangs mit der durch die vereinfachte Umlegung ausgelösten Veränderung der Grundstücksverhältnisse voraus. Eine lediglich aus anderen Gründen - also nur "aus Anlass" der Umlegung - erwünschte Neubegründung darf im Zuge einer vereinfachten Umlegung nicht vorgenommen werden.
3. Eine entgegen diesen zwingenden Vorgaben und somit außerhalb der durch §§ 80 Abs. 4 Satz 1; 82 Abs. 1 Satz 1 BauGB gezogenen Grenzen erfolgte (Neu-)Begründung einer Dienstbarkeit ist wegen fehlender Verwaltungskompetenz der Umlegungsstelle nichtig.
Normenkette
BauGB § 80 Abs. 4 S. 1, § 82 Abs. 1 S. 1, § 217 Abs. 1 S. 3, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Würzburg (Urteil vom 12.05.2011; Aktenzeichen 1 O 2369/10 Baul) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 12.5.2011 verkündete Endurteil des LG Würzburg aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Stadt A. über die vereinfachte Umlegung vom 5.6.2008 betreffend die Hochwasserschutzmauer "B." insoweit nichtig ist, als er den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks Fl. Nr. 1 zugunsten des Flurstücks 2 (zuvor 3) mit einem ausschließlich privatnützigen Wasserableitungsrecht belastet.
III. Die Antragsgegnerin und Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der durch die Klageerhebung vor dem VG Würzburg entstandenen Mehrkosten, die die Antragstellerin alleine trägt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin und Berufungsklägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. 1 der Gemarkung A., C-Straße 3, 4, 5 gegen den Beschluss der Stadt A. über die vereinfachte Umlegung vom 5.6.2008 betreffend das Baugebiet Hochwasserschutzmauer "B.", soweit mit diesem Beschluss ein (Regen-) Wasserableitungsrecht zur Entwässerung der Dachfläche eines privaten Wintergartens für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. 2 (zuvor 3) der Gemarkung A., C-Straße 1 und 2 festgesetzt wurde.
1. Mit Schreiben vom 31.1.2008, der Antragstellerin mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 5.2.2008, wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass ein Wasserableitungsrecht zugunsten des benachbarten Grundstücks Flurstück Nr. 3 (C-Straße 1/2) neu eingetragen werden solle. Der Eigentümer dieses Grundstücks, Herr D. (Mitglied des Stadtrats der Antragsgegnerin), habe dies seinen eigenen Angaben zufolge mit der Antragstellerin vorweg vereinbart. Es bestehe Gelegenheit, sich bis zum 7.3.2008 hierzu zu äußern.
2. Unter dem 5.6.2008 fasste der Stadtrat der Antragsgegnerin den Beschluss über die vereinfachte Umlegung Hochwasserschutzmauer "B.". Mit Bescheid vom 14.7.2008 wurde der Antragstellerin unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung ein Auszug aus dem Verzeichnis über die vereinfachte Umlegung gegen Postzustellungsurkunde übersandt. Mit dem Beschluss seien die neuen Grundstücksgrenzen festgesetzt worden. Der Auszug enthalte die die Rechte der Antragstellerin betreffenden Festsetzungen. Neben beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten für die Stadt A. wurde zugleich auch das Wasserableitungsrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. 3 festgesetzt. Am 17.10.2008 wurde der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die vereinfachte Umlegung in den Ausgaben der xxx und des zzz mit Datum vom 30.9.2008 unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gemacht. Am 9.3.2009 erfolgte die Eintragung des Wasserableitungsrechts in das Grundbuch.
3. Mit Schriftsatz vom 19.11.2009 sprach der Bevollmächtigte der Antragsteller sich gegen das Wasserableitungsrecht aus. Eine Zustimmung zur Eintragung eines solchen Rechts sei nicht erklärt worden. Mit Schreiben vom 22.4.2010 teilte der Leiter der Fachabteilung Tiefbau der Antragsgegnerin, Herr Leitender Baudirektor D., dem Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass Dienstbarkeiten im Rahmen des Verfahrens der vereinfachten Umlegung auch neu begründet werden könnten. Aufgrund der Errichtung der Hochwasserschutzmauer sei ohnehin die Eintragung zahlreicher Dienstbarkeiten erforderlich gewesen. Es hätte daher jeglichem Sinn und der pragmatischen Handhabung eines Bodenordnungsverfahrens widersprochen, die Regelung des Ableitungsrechts nicht im Verfahren zu treffen. Eine notarielle Vereinbarung sei nicht erforderlich gewesen. Auch habe die Antragstellerin keinen Widerspruch eingelegt. Die in Frage gestellte Dienstbarkeit sei daher re...