Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anscheinsbeweis, dass eine über ein bestimmtes eBay-Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung vom jeweiligen Kontoinhaber stammt
Leitsatz (amtlich)
1. Es spricht kein Anscheinsbeweis dafür, dass eine über ein bestimmtes eBay-Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden ist, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehlt. Der Sicherheitsstandard im Internet ist derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden ist.
2. Für eine Zurechnung des missbräuchlichen Verhaltens eines Dritten reicht es nicht aus, dass der Inhaber eines eBay-Mitgliedskontos seine Zugangsdaten nicht sicher verwahrt hat. Die im Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze sind nicht auf die der Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem Dritten abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung übertragbar.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, §§ 325, 433 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 7 O 1832/10) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers aus den auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der angefochtenen Entscheidung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf EUR 20.000 festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Schadensersatz statt der Leistung nach Rücktritt von einem Kaufvertrag, der über das Internetauktionshaus eBay mit dem Beklagten geschlossen worden sein soll.
Im März 2010 stellte der Kläger unter seinem eBay-Mitgliedsnamen "f." eine Anzeige in der Internetplattform eBay über den Verkauf eines Motorrades der Marke Harley Davidson, [...], ein. Nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers handelt es sich bei dem Motorrad um eine weitgehend in Eigenleistung erstellte Sonderausführung von besonderer Qualität. Allein die vom Kläger verwendeten Bauteile wiesen einen Sachwert von über 40.000 EUR auf.
Der Beklagte unterhält bei eBay ein Mitgliedskonto unter dem Pseudonym "j.". Am 25.3.2010 endete die vom Kläger initiierte Internetauktion mit dem Zuschlag auf ein Gebot i.H.v. 34.000 EUR , das unter Verwendung des eBay-Mitgliedskontos des Beklagten abgegeben worden war.
Am 30.3.2010 antwortete der Beklagte per Email auf die Nachfragen des Klägers und erklärte, dass er das Angebot, welches zum Abschluss der Versteigerung geführt habe, nicht abgegeben habe. Sein Mitgliedkonto müsse von einer Person Namens M. aus B. "gehackt" worden sein. Mit Anwaltsschreiben vom 1.4.2010 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 7.4.2010 auf, zu erklären, ob er bereit sei, den Kaufvertrag zu erfüllen; zudem setzte er dem Beklagten eine weitere Frist bis zum 10.4.2010, um das Fahrzeug Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises abzuholen. Hierauf reagierte der Beklagte zunächst nicht. Mit Vertrag vom 7.4.2010 veräußerte der Kläger das Motorrad zum Preis von 14.000 EUR an die Zeugin E.. Die Übergabe erfolgte am selben Tag.
Mit weiterem Vertrag vom 08.042010 erwarb der Kläger seinerseits einen Pkw Marke Chevy zum Preis von 13.700 EUR . Mit Anwaltsschreiben vom 21.4.2010 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem hier streitgegenständlichen Kaufvertrag und begehrte Zahlung der Differenz des in der Internetauktion vereinbarten Kaufpreises zum tatsächlich erzielten Erlös i.H.v. 20.000 EUR bis zum 5.5.2010.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe das Angebot abgegeben, oder aber er habe die Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto nicht ausreichend gesichert. Ihm, dem Kläger, sei es nicht möglich gewesen, das Motorrad zu einem höheren Kaufpreis als geschehen zu veräußern. Er sei auf den kurzfristigen Verkauf des Motorrades angewiesen gewesen, da er den Chevy im Vertrauen auf den mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag erworben habe. Als sich abgezeichnet habe, dass der Beklagte nicht erfüllungsbereit gewesen sei, habe der Kläger eine Anzeige auf der Internetplattform "mobile. de" geschaltet, habe Anzeigen in Motorradtreffs ausgehängt und das Motorrad über ein [...] Fachgeschäft zum Verkauf angeboten. Für das spezielle Motorrad fände sich aber nur ein kleiner Kreis von Kaufinteressenten. In der Kürze der Zeit habe kein anderer Käufer gefunden werden können, der bereit gewesen sei, einen höheren Preis zu zahlen. Der Kläger legte ferner dar, er habe bei Kaufvertragsabschluss mit der Zeugin E. vereinbart, er, der Kläger, könne das Motorrad notfalls, sollte der Käufer von eBay doch noch auf Erfüllung bestehen, gegen Rückzahlung des Kaufpreises und Zahlung einer weiteren Abstandssumme von 10.000 EUR zurückerwerben.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen...