Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung. Insolvenzgrund. Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Zwar sind Urkunden regelmäßig ein geeignetes Mittel, um das Bestehen eines Insolvenzgrundes glaubhaft zu machen.
2. Dies bedeutet aber nicht, dass ausschließlich die Fruchtlosigkeitsbescheinigung und die eidesstattliche Versicherung geeignete Mittel zur Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes sind.
3. Vielmehr sind hierzu sämtliche rechtlich zulässigen Mittel der Glaubhaftmachung gleichermaßen und gleichrangig geeignet.
4. Da Insolvenzanträge unstreitig auch aufgrund nicht titulierter Forderungen gestellt werden können, besteht kein Grundsatz, wonach nur Nachweise über eine erfolglos gebliebene Zwangsvollstreckung geeignet sind, die Zahlungsunfähigkeit glaubhaft zu machen.
Normenkette
InsO § 14; ZPO § 294
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 13.10.1999; Aktenzeichen 20 T 1883/99 (75)) |
AG Hannover (Beschluss vom 19.09.1999; Aktenzeichen 910 IN 396/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.
II. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin werden der Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 13. Oktober 1999 und der Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Hannover vom 19. September 1999 aufgehoben.
III. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung an das Amtsgericht Hannover zurückverwiesen.
Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden aufgrund unzutreffender Sachbehandlung nicht erhoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.826,56 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Gläubigerin hat als Trägerin der Sozialversicherung mit Schreiben vom 4. August 1999 an das Amtsgericht Hannover – Insolvenzgericht – wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum November 1998 bis Mai 1999 in Höhe von insgesamt 3.826,56 DM, deren Höhe einschließlich der erhobenen Säumniszuschläge in einem Kontoauszug im Einzelnen dargelegt sind, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Bei der Schuldnerin handelt es sich um eine GmbH, deren Zweck der Handel mit Kraftfahrzeugen aller Art ist.
Mit Verfügung vom 4. August 1999 hat das Insolvenzgericht beanstandet, dass die Gläubigerin den Eröffnungsgrund nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe, weil sie ihrem Antrag weder die Fruchtlosigkeitsbescheinigung eines Gerichtsvollziehers oder Vollstreckungsbeamten, die nicht älter als sechs Monate ist, noch das Protokoll der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung der Antragsgegnerin beigefügt habe. Darüber hinaus könne sie sich zwar aller weiteren Mittel zur Glaubhaftmachung bedienen; allein die Nichtzahlung des Schuldners auf Zahlungsaufforderung reiche jedoch zur Glaubhaftmachung der behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht aus. Möglicherweise sei die Schuldnerin auch nur zahlungsunwillig.
Auf diese Verfügung hat die Gläubigerin mit Schreiben vom 23. August 1999 reagiert, in dem sie hingewiesen hat, dass es sich bei den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen um Forderungen handele, die keiner Zahlungsaufforderung bedürften. Die Beiträge würden vielmehr kraft Gesetzes mit der Einreichung der Beitragsnachweise des Arbeitgebers fällig. Angesichts einer achtmonatigen Missachtung der gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen sei davon auszugehen, dass Zahlungsunfähigkeit i. S. d. InsO vorliege.
Nach Eingang dieser Stellungnahme hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 19. September 1999 den Antrag der Gläubigerin ohne Anhörung der Schuldnerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es ausgeführt, Erleichterungen für die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners für Sozialversicherungsträger bestünden nicht. Allein die Tatsache, dass der Schuldner dem Sozialversicherungsträger Beiträge vorenthalte, reiche nicht aus, um einen Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes bedürfe es vielmehr eines vollständigen Vollstreckungsprotokolls. Da die Gläubigerin auf einen entsprechenden Hinweis nicht reagiert habe, sei der Antrag als unzulässig zu verwerfen gewesen. Die Tatsache, dass der Schuldner eine ihm bekannte Zahlungsverpflichtung nicht erfülle, lasse keinen automatischen Rückschluss auf die Zahlungsunfähigkeit zu. Vielmehr könne der Schuldner auch aus verschiedenen Gründen lediglich zahlungsunwillig sein. An der Glaubhaftmachung der Forderung der Antragstellerin bestünden zwar keine Zweifel, der Eröffnungsgrund sei aber nicht glaubhaft gemacht.
Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin form und fristgerecht Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend gemacht hat, das Insolvenzgericht habe bei seiner Entscheidung übersehen, dass nicht nur titulierte Forderungen zur Antragstellung berechtigten, sondern auch nicht titulierte Ansprüche. Es könne deshalb nicht verlangt werden, dass für die Glaubhaftmachung ein vollstreckbarer Leistungsbescheid vorgelegt und die erfolglose Zwangsvollstreckung glaubhaft gemacht werde. Vielmehr müsse es ausreichen, wenn sich aus den vorgelegten Urkunden ergebe, da...