Verfahrensgang
AG Stade (Aktenzeichen 51 III 13/16) |
Tenor
I. Die Beschwerde der ... - Standesamt - gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stade vom 21. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; ihre außergerichtliche Kosten tragen die Beteiligten selbst.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
In Abänderung der Festsetzung des Amtsgerichts wird der Wert des Verfahrens 1. Instanz auf 5.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die am ... geborene Antragstellerin begehrt die Streichung des Eintrags zu ihrem Geschlecht im Geburtenregister des Standesamtes ..., Registernummer .... Sie wurde anlässlich ihrer Geburt als Kind der Eheleute ... und ..., geb. ... als dem männlichen Geschlecht zugehörig in das Geburtenregister eingetragen und erhielt die Vornamen ....
Aufgrund eines auf Antrag der Antragstellerin beim Amtsgericht Hamburg (60 III 164/13) betriebenen Verfahrens wurden die Vornamen der Antragstellerin durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2013, auf den zur näheren Sachdarstellung ausdrücklich Bezug genommen wird, in ... geändert und festgestellt, dass die Antragstellerin als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Das Amtsgericht Hamburg führte insoweit aus, dass aufgrund zweier gutachterlicher Äußerungen von Sachverständigen, nämlich des ... vom ... und der Fachärztin ... vom ..., bei der Antragstellerin aufgrund ihrer transsexuellen Prägung seit mehr als 3 Jahren Transsexualität im Sinne des Transsexuellengesetzes bestehe. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden der Antragstellerin zum weiblichen Geschlecht nicht mehr ändern werde.
Infolge der o.g. Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg wurde der Eintrag in das Geburtenregister des Standesamtes ... unter dem Unterpunkt "Geschlecht" in weiblich geändert.
Die Antragstellerin trägt nunmehr vor, dass sie sich nach wie vor nicht dem männlichen Geschlecht zugehörig empfinde. Allerdings fühle sie sich auch nicht dem weiblichen Geschlecht zugehörig. Sie verfüge über männliche Geschlechtsorgane, weshalb sich ein Widerspruch zwischen dem biologisch erkennbaren Geschlecht und dem gerichtlich festgestellten und gelebten Geschlecht ergebe. Im Alltag komme es häufig zu Verwirrungen aufgrund der äußerlich erkennbaren und seit der Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg zunehmenden Virilisierung und der Angaben in Geburtsurkunde bzw. Ausweisdokumenten. Dabei habe sich auch die innere Einstellung, unabhängig von der äußeren Wahrnehmung seit der gerichtlichen Feststellung des Geschlechts geändert. Eine eindeutige Zuordnung zu dem weiblichen oder männlichen Geschlecht sei ihr gegenwärtig nicht möglich.
Die Antragstellerin begehrt die Streichung des Eintrags zum Geschlecht im Registereintrag des Standesamts ... unter der Nummer ....
Das Amtsgericht hat die Antragstellerin persönlich angehört.
Das Standesamt ... wurde schriftlich angehört.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 2016, auf den zur weiteren Sachverhaltsdarstellung ausdrücklich verwiesen wird, hat das Amtsgericht Stade das Standesamt der ... angewiesen, den Eintrag im Geburtenregister des Standesamts ... zur Registernummer ..., hinsichtlich des Unterpunktes "Geschlecht" zu streichen, sodass kein Geschlecht in dem Registereintrag er sichtlich ist.
Hiergegen wendet sich die ... - Standesamt - mit ihrer Beschwerde. Sie macht eine fehlerhafte Anwendung des § 22 Abs. 3 PStG durch das Amtsgericht geltend. Gemäß § 22 Abs. 3 PStG könne bei Kindern, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können, der Eintrag des Geschlechts im Geburtenregister offen bleiben. Die Vorschrift beziehe sich auf Intersexuelle, die bereits bei der Geburt beide Geschlechtsmerkmale in sich trügen und bei denen biologisch weder die männliche noch die weibliche Geschlechtszugehörigkeit eindeutig bestimmbar sei. Auch eine spätere Streichung des Geschlechts gemäß § 22 Abs. 3 PStG sei möglich, wenn durch ärztliches Gutachten im Nachhinein festgestellt werde, dass das Kind keinem Geschlecht eindeutig zuzuordnen sei, weil sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale vorhanden seien. In dieser Personenstandsangelegenheit liege kein solches ärztliches Gutachten vor. Vielmehr sei die Antragstellerin nach den vorliegenden Unterlagen aus biologischer Sicht eindeutig dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Dieses sei auch im angefochtenen Beschluss vom Amtsgericht bestätigt worden. § 22 Abs. 3 PStG habe keine Anwendung finden dürfen. Es reiche hierfür nicht das bloße Empfinden aus, um das Geschlecht aus dem Geburtenregister streichen zu lassen. Das Empfinden für ein Geschlecht sei im Transsexuellengesetzes (TSG) geregelt. Den Betroffenen, die sich aufgrund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfinden, werde dort die Möglichkeit gegeben, eine Veränderung ...