Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 06.10.2022; Aktenzeichen 8 O 31/22) |
Tenor
1. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Den Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 3. April 2023 gegeben.
3. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagten zu 2 ist, warb Ende 2021 auf ihrer Internetseite www.nachweis-express.de für Bescheinigungen einer vorläufigen Impfunfähigkeit gegen das Corona-Virus. Unter der Überschrift "Bist du überhaupt impffähig?" hieß es:
"Nachweis-Express ermöglicht es dir, dich umfassend über die potentiellen Folgen einer Corona-"Impfung" zu informieren.
Du kannst über uns im Rahmen einer gutachterlichen Stellungnahme von unserem Arzt online klären lassen, ob du impffähig bist. Sollten mögliche Allergien gegen einzelne Inhaltsstoffe dagegen sprechen, bekommst du über Nachweis-Express eine vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung.
Diese Bescheinigung kannst du z. B. bei deinem Arbeitgeber vorlegen. Sie nimmt dir den Druck, dich voreilig impfen zu lassen Für die gutachterliche Stellungnahme berechnen wir einmalig 17,49 Euro."
Unter diesem Text fand sich ein Button mit der Aufschrift "Jetzt Impffähigkeit prüfen lassen". Klickte man diesen Button an, öffnete sich eine Seite, auf der der Nutzer seine Anschrift und sein Geburtsdatum, seine E-Mail-Adresse und optional die Personalausweisnummer eingeben und sodann auf einen Button "Zur Kasse" klicken konnte. Nach der Auswahl einer Zahlungsoption konnte der Nutzer auf den Button "Zur ärztlichen Aufklärung" klicken. Anschließend wurde er aufgefordert, sich ein Video anzuschauen, in dem u.a. über verschiedene Covid 19-Impfstoffe, deren Risiken und Nebenwirkungen berichtet wurde. Unter der Rubrik "Befragung" war anzugeben, welchen der verfügbaren Impfstoffe der Nutzer im Falle einer Covid-19-Impfung wählen würde. Kreuzte er "Comirnaty (Biontec)" an, wurden die Inhaltsstoffe dieses Impfstoffes aufgeführt und es erschien die Frage: "Kannst Du ausschließen, dass Du gegen einen oder mehrere dieser Stoffe allergisch bist?". Wählte er die Auswahlmöglichkeit, "Ich bin mir nicht sicher, ob ich auf einen der genannten Impfstoffe allergisch reagiere" aus, gelangte er nach dem Hinweis, dass er nur eine vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung erhalten könne, zu dem Link "Zur Bescheinigung". Nach dem Anklicken des Links standen eine Impfunfähigkeitsbescheinigung, ein Arztbrief an einen Allergologen und ein Musterschreiben an die Krankenkasse zum Download bereit. Die vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung war, ebenso wie der Arztbrief, von einer Frau Dr. M. M. unterschrieben. In dieser hieß es u.a.:
"... Aufgrund meiner ärztlichen Einschätzung und Bewertung der Angaben des Patienten, komme ich nach freiem Ermessen zu folgender Einschätzung:
Dieser Patient muss vor einer Impfung mit Covid-19 Impfstoffen eine Überempfindlichkeit gegen einzelne Inhaltsstoffe von einem Facharzt für Allergologie überprüfen lassen.
Eine Unverträglichkeit einzelner Bestandteile der aktuell zugelassenen Covid-19-Impfstoffe stellt eine endgültige Impfunfähigkeit dar.
Dieser Patient ist bis zum Vorliegen eines Impfstoffallergiegutachtens zeitlich begrenzt bis zum(hier erschien ein Datum, das sechs Monate nach dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung liegt)impfunfähig.
Es besteht die konkrete Gefahr, dass der Patient neben verschiedenen leichten und mittelschweren insbesondere folgende schwere Impfwirkungen erleben könnte: (...)"
Im Folgenden sind abgehakt:
Thrombose mit Thrombozytopenie-Syndrom (TTS)
Blutgerinnsel der Hirnvenen
Anaphylaktische Reaktionen
Guillain-Barré-Syndrom
Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen (Myokarditis)
ADEM (akute disseminierte Enzephalomyelitis)
Transverse Myelitis.
Wegen des weiteren Inhalts der Website und der vorläufigen Impfunfähigkeitsbescheinigung wird auf den Inhalt der Anlagen K 3 bis K 11 Bezug genommen.
Im April 2022 wurde auf der Internetseite liberation-express.de in der oben dargestellten Weise geworben. Diese Internetseite wird von der C. GmbH betrieben, deren Geschäftsführer wiederum der Beklagte zu 2 ist.
Der Kläger hat gemeint, dass die Beklagte zu 1 mit ihrer Werbung gegen § 9 Satz 1 HWG verstoßen habe. Auch die Ausgabe der Impfunfähigkeitsbescheinigung sei unzulässig, weil sie einen Arbeitgeber irreführen könne; sie entspreche auch nicht der fachlichen Sorgfalt. Der Beklagte zu 2 hafte als Geschäftsführer der GmbH, da er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
wie nachstehend wiedergegeben
((Abbildungen))
für Impfunfähigkeitsbesche...