Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens ist eine Schätzung ersparter berufsbedingter Aufwendungen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls möglich. Dabei kann die Verminderung des noch zu ersetzenden entgangenen Verdienstes nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens ermittelt werden. Dieser Prozentsatz lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist vom jeweiligen Fall abhängig.

 

Normenkette

ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 16.01.2009; Aktenzeichen 8 O 344/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Verden vom 16.1.2009 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 34.012,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 8.808,49 EUR seit dem 11.2.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu erstatten, die ihm anlässlich des Verkehrsunfalls vom 3.3.2007 zukünftig noch entstehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

bis zum 11.2.2010: bis 40.000 EUR; bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2010: bis 45.000 EUR; danach: bis 40.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Einstandspflicht der Beklagten für vom Kläger geltend gemachte Ansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 3.3.2007; grundsätzlich haftet die Beklagte zu 100 %. Wegen der näheren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Der Kläger behauptet, infolge der unfallbedingt erlittenen Verletzungen leide er fortwährend unter Schwindelgefühl, Sprachschwierigkeiten, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie Depressionen; auch die Motorik sei beeinträchtigt. Er begehrt deshalb von der Beklagten Schmerzensgeld, Ersatz von Verdienstausfall, Fahrt- und Abschleppkosten sowie Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens und die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der Beklagten.

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf Schmerzensgeld i.H.v. 25.000 EUR, Ausgleich eines Verdienstausfallschadens von 200,30 EUR, eines Haushaltsführungsschadens von 832 EUR, Fahrtkostenersatz von 500 EUR und Erstattung der Abschleppkosten von 392,58 EUR. Abzüglich von der Beklagten auf das Schmerzensgeld gezahlter 2.000 EUR könne der Kläger noch 24.924,88 EUR von der Beklagten beanspruchen, die außerdem aufgrund des unfallbedingten Dauerschadens, dessen weitere Entwicklung ungewiss sei und der voraussichtlich auch zu weiteren Schäden z.B. hinsichtlich des Erwerbsschadens führen werde, auch künftig dem Kläger entstehende Schäden zu ersetzen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Das Schmerzensgeld sei erheblich zu niedrig bemessen worden. Angemessen seien hier insgesamt 50.000 EUR. Der Kläger sei mit etwa 40 Jahren durch den Unfall völlig unverschuldet aus seinem Berufsleben gerissen worden und nun dauerhaft erwerbsunfähig. Auch das zögerliche Regulierungsverhalten der Beklagten sei schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen. Über den von der Kammer für den mit der Klage geltend gemachten Zeitraum vom 14.4.2007 bis zum 14.6.2007 zuerkannten Verdienstausfall von 200,30 EUR stehe dem Kläger - insoweit ggü. dem Antrag erster Instanz klageerhöhend - ein weiterer Ersatzanspruch für den Zeitraum vom 15.6.2007 bis einschließlich 31.1.2010 von 11.134,33 EUR zu, abzgl. am 6.3.2009 hierauf gezahlter 2.103,15 EUR. Ein Abzug für ersparte berufsbedingte Aufwendungen i.H.v. pauschal 5 % - wie von der Kammer vorgenommen - sei nicht gerechtfertigt. Das LG habe die weiteren Schadenspositionen ebenfalls nicht angemessen ausgeglichen. Das betreffe den Zeitraum des Haushaltsführungsschadens, der über 26 Wochen angefallen sei. Unter Ansatz eines Stundenlohnes von 8 EUR für eine - erforderliche - Hilfskraft und eines Aufwandes von 20 Stunden pro Woche ergäben sich 4.160 EUR, wovon die vom LG zuerkannten 832 EUR abzuziehen seien. Die Fahrtkosten seien gleichfalls nicht ausreichend bewertet worden. Die insoweit pauschal zuerkannten 500 EUR genügten nicht. Tatsächlich seien hier um 350,56 EUR höhere Kosten angefallen. Darüber hinaus bestehe noch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Erneuerung einer Brücke i.H.v. 2.0...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?