Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß: Keine Pflicht des Internethändlers auf Übernahme der Versandkosten bei Rücksendung von Altöl per Post
Leitsatz (amtlich)
1. Bei § 8 Abs. 1a Satz 1 AltölV handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift, die neben Umweltschutzbelangen dem Schutz des Verbrauchers dient; sie stellt eine Markverhaltensregel dar.
2. § 8 AltölV gilt auch für den Internethandel mit Motorenöl (Anschluss an OLG Hamburg, Beschluss vom 2.6.2010, 5 W 59/10; OLG Bamberg, Beschluss vom 21.7.2011 - 3 U 113/11).
3. Unter dem Begriff "Verkaufsort" i.S.d. § 8 Abs. 2 AltölV ist nicht der Warenempfangsort bei dem im Internethandel bestellenden Verbraucher zu verstehen. Vielmehr ist Verkaufsort der Ort, an dem der Händler bzw. Vertreiber den Vertrieb vornimmt, mithin sein Versandlager hat.
4. Der Hinweis des Internethändlers, dass der Kunde die Versandkosten der Rücksendung des Altöls zu tragen hat, verstößt weder gegen § 8 Abs. 1a Satz 1AltölV noch gegen § 8 Abs. 2 AltölV.
Normenkette
UWG § 3a; AltölV § 8 Abs. 1a S. 1, Abs. 2; BattG § 9; ElektroG § 17
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 05.01.2016; Aktenzeichen 32 O 70/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 5.1.2016 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Hannover abgeändert und der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 17.11.2015 zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Gründe
I. Beide Parteien verkaufen Motorenöle im Internet. Die Webseite des Verfügungsbeklagte enthält unter der Überschrift "Altölentsorgung" folgenden Hinweis:
"Hinweis gemäß Altölverordnung
Gemäß der Altölverordnung sind wir verpflichtet, folgende gebrauchte Öle kostenlos zurückzunehmen: -- Verbrennungsmotorenöle -- Getriebeöle -- Ölfilter und beim Ölwechsel regelmäßig anfallende ölhaltige Abfälle. Sie können das Altöl in der Menge bei uns zurückgeben, welche der bei uns gekauften Menge entspricht.
Rückgabeort ist unser nachfolgend genannter Verkaufsort
S.
...
...
Sie können die Öle dort jederzeit während unserer Öffnungszeiten abgeben. Alternativ können Sie uns das gebrauchte Öl auch zusenden, die Versandkosten sind hierbei von Ihnen zu tragen."
Die Verfügungsklägerin hat diese Angabe als wettbewerbswidrig beanstandet, weil gem. § 8 AltölV der Verfügungsbeklagte zur kostenlosen Rücknahme verpflichtet sei, mithin im Falle der Rücksendung die Versandkosten übernehmen müsse. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das LG stattgegeben. Mit seiner Berufung begehrt der Verfügungsbeklagte die Zurückweisung des Verfügungsantrags.
Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 542 Abs. 2 Satz 1, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten ist begründet.
1. Die mit dem angefochtenen Urteil erlassene einstweilige Verfügung ist allerdings nicht deshalb endgültig unvollziehbar und gegenstandslos geworden, weil die Verfügungsklägerin die Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO versäumt hätte. Die Verfügungsklägerin hat die Urteilsverfügung rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO dem Verfügungsbeklagten im Parteibetrieb zugestellt.
a) Die Beschlussverfügung wird normalerweise dadurch vollzogen, dass dem Schuldner eine Ausfertigung der Verfügung oder eine beglaubigte Abschrift (Kopie) im Parteibetrieb zugestellt wird (Hess in jurisPK UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 138; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 12 Rn. 169).
b) Der Lauf der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO beginnt bei der Urteilsverfügung mit der Verkündung (Sosnitza in Ohly/Sosnitza, a.a.O., § 12 Rn. 173). Fristbeginn war somit der 6.1.2016, einen Tag nach der Ver-kündung des Urteils am 5.1.2016, so dass die Monatsfrist mit Ablauf des 5.2.2016 endete.
Die Vollziehung durch die Zustellung des Urteils mittels Gerichtsvollzieher an den in erster Instanz beauftragten Rechtsanwalt R. am 3.2.2016 ist wirksam erfolgt. Die Zustellung muss, wenn sich ein Prozessbevollmächtigter für den Antragsgegner bestellt hat, an diesen erfolgen (§§ 191, 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Parteizustellung an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ist hier wirksam vollzogen, auch wenn sich der jetzige Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 26.1.2016 (Anlage ITB 1) gegenüber der Verfügungsklägerin als neuer Prozessbevollmächtigter legitimiert hat. Die Prozessvollmacht in erster Instanz gilt nach § 172 ZPO ab Abhängigkeit grundsätzlich bis Ablauf der Rechtsmittelfrist fort (Wittschier in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 172 Rn. 5), hier bis zum 11.2.2016. In der Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten ist - wegen der Möglichkeit, mehrere Bevollmächtigte zur Vertretung der Partei zu ermächtigen, § 84 Satz 1 ZPO - ein Widerruf der Bestellung eines früheren Bevollmächtigten nur dann zu sehen, wenn zum Ausdruck kommt, dass der neue Bevollmächtigte anstelle des früheren bestellt werden soll (BGH, Beschluss vom 30.5.2007...