Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung einer unter Vorbehalt geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode aus, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Die Erläuterung des Umfangs der rechtlich geschützten Zinserwartung gehört danach grundsätzlich nicht zu den geschuldeten Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung.
Normenkette
BGB § 493 Abs. 5, § 502 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; EGBGB Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 06.12.2022; Aktenzeichen 3 O 132/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das am 6. Dezember 2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu jeweils 1/2 zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren die Rückzahlung einer für die vorzeitige Ablösung eines Darlehens geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.
Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 2. Februar 2018 zwei jeweils grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensverträge über eine Nettodarlehenssumme in Höhe von 100.000,00 EUR (Vertrag Nr. 03-) bzw. 116.000,00 EUR (Vertrag Nr. 02-) zu einem bis zum 30. Dezember 2027 gebundenen Sollzinssatz von 1,5 % p.a.
In Ziffern 7 und 8 der Verträge, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf die Anlagen K 1 und K 2 (alle Anlagen gesondert geheftet im Anlagenband Kläger bzw. Beklagte) Bezug genommen wird, sind jeweils wortgleiche Ausführungen zur Vorfälligkeitsentschädigung enthalten. Diese lauten wie folgt:
"7 Vorzeitige Rückzahlung
Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 8 an.
8 Angabe zur Berechnung des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)
Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vergleiche Ziffer 7 dieses Vertrages) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vergleiche Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden. Danach wird berücksichtigt:
- Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Hypothekenpfandbriefrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallene Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktive Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt.
- Daneben wird der Darlehensgeber ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.
Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrages, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind."
Nachdem die Kläger aufgrund eines Verkaufs der finanzierten Immobilie von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 2 BGB Gebrauch gemacht hatten, zahlten sie das Darlehen vorzeitig zurück und leisteten dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 4.019,27 EUR (Darlehen 02-) bzw. 5.666,68 EUR (Darlehen 03-), deren endg...