Entscheidungsstichwort (Thema)
"Schrottimmobilie": Beratungspflichten des Verkäufers bei einem Beitritt zum Mietpool
Leitsatz (amtlich)
Der Verkäufer muss aufgrund eines zustande gekommenen Beratungsvertrages bei einem Beitritt zum Mietpool nicht nur das Risiko erhöhter Instandsetzungskosten, sondern auch das Vermietungsrisiko fremder Wohnungen ansprechen und durch Abschläge bei den Einnahmen oder Zuschläge bei den Belastungen angemessen berücksichtigen. Der Verkäufer genügt seiner Beratungspflicht nicht, wenn er zwar die Systematik des Mietpoolvertrages erläutert und darauf hinweist, im Fall von Leerständen mindere sich der Ertrag der Mietpoolmitglieder, er aber nicht darauf hinweist, dass in dem Mietertrag ein Mietausfallrisiko nicht einkalkuliert ist.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 8 O 154/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.5.2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu Händen eines von der Klägerin zu beauftragenden Notars 80.651,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten vor dem beauftragten Notar:
"Wir sind eingetragene Eigentümer des im Wohnungsgrundbuch des AG E. von E. Blatt 13746 eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 112/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung E., Flur ..., Flurstücke ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude G. straße ..., im Erdgeschoss links Nr. 55 des Aufteilungsplanes.
Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die K. & Co. KG, vertreten durch ihren Geschäftsführer, sowie auf H. K. zu übertragen, frei von allen Lasten in Abteilung II und III des Wohnungsgrundbuchs.
Wir erteilen hierzu der K. & Co. KG und H. K. die Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.
Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der K. & Co. KG und H. K. an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der Deutschen G.-H. bank zu verwenden.
Wir bewilligen die Eintragung der K. & Co. KG und H. K. als Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2005 auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an uns auszukehren ist."
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten auch zum Ausgleich des Weiteren Vermögensschadens verpflichtet sind, soweit die im Klageantrag zu 1 näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten im Annahmeverzug befinden.
4. Die Klage im Übrigen und die Drittwiderklage werden abgewiesen.
Die durch die Anrufung des unzuständigen LG Aurichs entstandenen Kosten werden den Klägern auferlegt. Die übrigen Kosten beider Rechtszüge einschließlich des Revisionsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert zweiter Instanz wird wie folgt festgesetzt:
Klageantrag zu 1) 80.651,81 EUR
Klageantrag zu 2) 5.000 EUR
Klageantrag zu 3) 500 EUR
Drittwiderklage (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG) 0,00 EUR
Summe 86.151,81 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Drittwiderbeklagten, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung eines im Juli 1999 abgeschlossenen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in E., G. straße. Die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte), deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 2 ist, hatte die Wohnanlage in E.-B. im Dezember 1998 von der Allwo-AG erworben und in 78 Wohnungen aufgeteilt und anschließend in den Vertrieb gegeben.
Dem Vertragsabschluss und dem Beitritt zum Mietpool waren mehrere Beratungsgespräche mit Beauftragten der Beklagten vorangegangen, in denen der monatliche Eigenaufwand und die monatlich zufließenden Mieteinnahmen dargestellt worden sind. Diese wurden mit 495 DM abzgl. 50 DM Verwaltungskosten angegeben. Die Klägerin fühlt sich in mehrfacher Hinsicht falsch beraten.
Das LG hat der Klage stattgegebe...