Leitsatz (amtlich)
1. Der Wirksamkeit des vom Insolvenzverwalter erklärten Widerspruchs gegenüber einer der Schuldnerbank im Einzugsermächtigungsverfahren vorgelegten Lastschrift für das Konto der Insolvenzschuldnerin steht nicht entgegen, dass ein aus dem Valutaverhältnis herrührender Grund für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht gegeben war.
2. Im Verhältnis der Schuldnerbank zum Lastschriftgläubiger kommt es nicht darauf an, ob sich der Widerspruch im Valutaverhältnis als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt, weil die Bank infolge des damit - endgültig - anweisungslosen Zugriffs auf das Konto der Insolvenzschuldnerin zu einer Rückbuchung der Kontobelastung in jedem Fall verpflichtet ist.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 2 S. 1 2. Alt, § 826
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 19.02.2009; Aktenzeichen 2 O 281/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.2.2009 verkündete Urteil des LG Lüneburg - 2 O 281/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin und des Streithelfers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um jeweils 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Bereicherungsansprüche geltend, nachdem der sie als Streithelfer unterstützende Insolvenzverwalter über das Vermögen ihrer Kundin, der M. R. GmbH (im Folgenden nur noch Insolvenzschuldnerin), der Einlösung von Lastschriften widersprochen hat, die die Beklagte über ihre Bank (Y.-Bank) der Klägerin vorgelegt hat.
Die einen Medizinbedarfhandel betreibende Beklagte stand in ständigen Geschäftsbeziehungen zu der späteren Insolvenzschuldnerin. Zwischen diesen Unternehmen war Kaufpreiszahlung für Warenlieferungen der Beklagten durch Lastschrift im Einziehungsermächtigungsverfahren zu Lasten des bei der Klägerin geführten Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin vereinbart. Eine konkrete Frist, innerhalb derer die Insolvenzschuldnerin zum Widerruf der Belastungsbuchungen berechtigt sein sollte, war zwischen ihr und der Insolvenzschuldnerin nicht vereinbart. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte der Klägerin - nach Lieferung von Waren an die Insolvenzschuldnerin - im Zeitraum 1.10. bis 31.12.2007 Lastschriften vorlegen lassen über insgesamt 141.065,37 EUR (vgl. Aufstellung, Anlage K 3, Bl. 19 d.A.), die diese ausgeführt hat. Vereinbart war zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin, dass Belastungsbuchungen auf dem Konto als genehmigt gelten, soweit nicht die Insolvenzschuldnerin innerhalb von sechs Wochen nach Rechnungsabschluss diesen widersprochen hat (vgl. Nr. 7 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, Anlage K 6, Bl. 23 ff. d.A.). Vereinbart war überdies die Erteilung des Rechnungsabschlusses jeweils zum Ende eines Kalenderquartals, der hier zuletzt (vor Insolvenzantragstellung) zum 31.12.2007 von der Klägerin erteilt wurde und bei der Insolvenzschuldnerin frühestens am 3.1.2008 eingegangen ist.
Der Streithelfer wurde am 12.2.2008 zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, der gleichzeitig ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, bestellt. Mit Schreiben an die Klägerin vom selben Tag (Anlage K 4, Bl. 20 ff. d.A.) widersprach er allen im Lastschriftverfahren erfolgten Abbuchungen und stellte mit Schreiben vom 13.2.2008 klar, dass sich sein Lastschriftwiderspruch auf die seit dem 1.10.2007 erfolgten Lastschriften beziehe. Gleichzeitig forderte er die Klägerin zur Auszahlung des auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin vorhandenen Guthabens auf. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nach, nachdem sie dem Konto der Insolvenzschuldnerin die Belastungen i.H.v. 141.065,37 EUR gutschrieb. Der Aufforderung der Klägerin, ihr Rücklastschriften hinsichtlich der abgebuchten Beträge zu erteilen, kam die Y.-Bank unter Hinweis auf die abgelaufene 6-Wochen-Frist nach Abschnitt III Nr. 2 des Abkommens der Banken über den Lastschriftverkehr (Auszug Anlage K 8, Bl. 27 ff. d.A.) nicht nach. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 25.4.2008 (Anlage K 9, Bl. 33 ff.) auf, bis zum 16.5.2008 141.182,37 EUR zu zahlen, worin 117 EUR Rücklastschriftgebühr enthalten waren, die sie mit der Klage indessen nicht mehr geltend macht.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe die Gutschrift auf ihrem Konto in Höhe der Klageforderung auf Kosten der Klägerin ohne Rechtsgrund erhalten, da der wirksame Widerspruch des Streithelfers zum Wegfall der der Insolvenzschuldnerin zurechenbaren Anweisung, über ihr Konto zu verfügen, geführt habe, weshalb die Gutschrift auf dem Konto der Beklagten bei der Y.-Bank unberechtigt erfolgt sei. Der Widerspruch des Insolv...