Leitsatz (amtlich)
Der Mieter eines Gabelstaplers genügt seiner Sicherungspflicht nicht, wenn er über Nacht den Zündschlüssel abzieht und den Stapler auf einem Gelände ohne verschlossenen Bauzaun stehenläßt.
Normenkette
BGB § 276
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 06.03.2000; Aktenzeichen 9 O 1/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. März 2000 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Beklagten und der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren betragen 27.800 DM.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte als Mieterin verpflichtet ist, der Klägerin als Vermieterin Schadenersatz in Höhe von 27.800 DM für den vermieteten Gabelstapler zu leisten, der während der Mietzeit auf der u. a. von der Beklagten betriebenen Baustelle, also aus deren Obhut, entwendet worden ist. Die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB, wonach der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden zu ersetzen hat, soweit die Leistung infolge eines vom Schuldner zu vertretenen Umstandes unmöglich wird, sind erfüllt. Gemäß § 556 Abs. 1 BGB ist die Beklagte als Mieterin verpflichtet, die gemietete Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Das ist der Beklagten im vorliegenden Fall unmöglich, nachdem der vermietete Gabelstapler am Wochenende vom 17. auf den 18. Februar 1996 gestohlen worden ist. Obwohl weitere Anspruchsvoraussetzung ist, dass die Beklagte als Rückgabeschuldnerin die Unmöglichkeit zu vertreten hat, ist die Klägerin als Gläubigerin entgegen der Auffassung der Beklagten dafür nicht darlegungs und beweispflichtig. Vielmehr muss sich der Schuldner des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, 556 Abs. 1 BGB nach der hier eingreifenden ausdrücklichen Regelung des § 282 BGB insoweit entlasten, also sein fehlendes Verschulden darlegen und beweisen (vgl. BGH NJW 1992, 683, 686 – ähnlich bei Schäden an der Mietsache während der Obhut des Mieters: BGH NJW 1994, 2019). Dem Landgericht ist auch darin beizutreten, dass die Beklagte als Formkaufmann im Rahmen der ihr obliegenden Obhut bezüglich des gemieteten Gabelstaplers für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes (§ 347 HGB) einzustehen hat.
Der Vortrag der Beklagten genügt den diesbezüglichen Anforderungen nicht. Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass der nicht mit einer Diebstahlssicherung versehene Gabelstapler, der keine abgeschlossene Kabine hat und dessen sämtliche Armaturen frei liegen, durch das Abziehen des Zündschlüssels nicht ausreichend gegen eine Entwendung gesichert ist. Die Klägerin hat vorgetragen, dass bei dem streitbefangenen DieselStapler ein Kurzschließen der Zündung mit einfachen Mitteln leicht möglich sei. Demgegenüber kann sich die darlegungspflichtige Beklagte nicht mit einem bloßen Bestreiten mit Nichtwissen begnügen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass kaum damit zu rechnen ist, dass der zwei bis drei Tonnen schwere Gabelstapler, der nicht für den öffentlichen Verkehr zugelassen wird und deswegen keine Zulassungsnummer trägt, von einem Dieb nachts über öffentliche Straßen gefahren wird. Indessen schließt das nicht aus, dass der Gabelstapler nach einem Kurzschließen der Zündung mittels eigener Motorkraft auf oder unmittelbar vor dem Baustellengelände auf einen vorbereiteten Transporter geladen worden ist. Zwar soll der Baustellenbereich, auf dem Stapler außerhalb der Arbeitszeiten abgestellt wurde, durch einen ca. 2 m hohen Bauzaun vom übrigen Gelände abgetrennt gewesen sein. Mit Recht hat das Landgericht jedoch darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst nicht einmal behauptet, geschweige denn unter Beweis stellt, dass der Zaun auch verschlossen war. Auch in der Berufungsbegründung macht die Beklagte gerade geltend, dass es nichts nützen würde, den Bauzaun zu verschließen. Indessen bietet ein geöffneter Bauzaun einen deutlich höheren Anreiz für einen Diebstahl. Bei einem unverschlossenen Bauzaun besteht zumindest die leichtere Möglichkeit, als Diebesgut geeignete Baufahrzeuge auf dem Gelände auszuspähen und mit einem zum Abtransport bestimmten Fahrzeug sogar auf das Baustellengelände zu fahren. Der Einwand der Beklagten, der Abtransport des Gabelstaplers durch unbefugte Dritte erfordere eine so hohe kriminelle Energie, dass die Betreffenden auch vor dem Aufbrechen des Zaunes oder einer Sicherungskette nicht zurückgeschreckt hätten, überzeugt nicht. Der Diebstahl lässt sich nämlich viel schneller ausführen, wenn der Bauzaun geöffnet ist. Für unbeteiligte Personen, die auf den Vorgang des Abtransportes aufmerksam werden, drängt sich bei einem gewaltsam geöffneten Zaun bzw. Zauntor der Verdacht einer Straftat viel eher auf als bei der Wahrnehmung des Abtransports eines Fahrzeu...