Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung eines Grundstücks eröffnet dem Gläubiger ein Befriedigungsrecht auch im Hinblick auf künftige Mietzinsforderungen.
2. Durch die vorläufige Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 2 Abs. 4 GesO entsteht lediglich ein Vollstreckungshindernis; die Pfändung selbst wird hiervon nicht berührt. Auch die Beschlagnahme der Mietzinsforderungen bleibt bestehen.
3. Die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens führt nicht zur Beseitigung eines rechtsgeschäftlich erworbenen Grundpfandrechts. Eine darauf beruhende Zwangsverwaltung bleibt bestehen.
Normenkette
GesO § 2 Abs. 4, § 7 Abs. 3, § 12; KO § 47; ZVG §§ 20, 146, 148, 153b, 153c; BGB § 1123; ZPO § 546
Verfahrensgang
LG Zwickau (Urteil vom 17.05.2000; Aktenzeichen 1 O 67/00) |
Tenor
I. Auf Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Zwickau vom 17.5.2000 – 1 O 67/00, abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.
III Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Beschwer des Klägers und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf 27.294,58 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechtigung an Mietzinszahlungen, welche nach der vorläufigen Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen gem. § 2 Abs. 4 GesO angefallen sind.
Am 23.2.1998 ordnete das AG Zwickau – Vollstreckungsgericht – durch Beschluss die Zwangsverwaltung über das Grundstück auch aufgrund eines rechtsgeschäftlich bestellten dinglichen Rechts an und bestellte den Beklagten zum Zwangsverwalter. Eigentümer des zwangsverwalteten Grundstücks war … .
Am 6.5.1998 wurden aufgrund eines Gesamtvollstreckungsantrages der Innungskrankenkasse … durch Beschluss des AG Chemnitz, Gesamtvollstreckung und ein allgemeines Veräußerungsverbot für das Grundvermögen des Schuldners angeordnet. Gegen den Schuldner eingeleitete anderweitige Vollstreckungsmaßnahmen wurden vorläufig nach § 2 Abs. 4 GesO eingestellt.
Am 1.7.1998 wurde durch Beschluss des AG Zwickau – Vollstreckungsgericht – das Zwangsverwaltungsverfahren einstweilen eingestellt. Mit Beschluss des AG Chemnitz – Gesamtvollstreckung – vom 8.9.1998 wurde ein allgemeines Veräußerungsverbot gegen den Schuldner erlassen und der Kläger zum Sequester bestellt.
Mit Beschluss des AG Chemnitz – Gesamtvollstreckung – vom 16.10.1998 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Kläger zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt. Mit Beschluss des AG Zwickau – Vollstreckungsgericht – vom 1.12.1998 wurde auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin das einstweilen eingestellte Zwangsverwaltungsverfahren fortgeführt.
Die Parteien verständigten sich darauf, dass die das Grundstück betreffenden Mietzinszahlungen bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung weiter durch den Zwangsverwalter eingezogen wurden, jedoch eine Auskehrung an die Gläubigerin, welche die Zwangsverwaltung betrieb, nicht erfolgte.
Der Beklagte vereinnahmte in der Zeit vom 19.5.1998 bis einschließlich 31.12.1998 insgesamt einen Betrag von 30.285,74 DM. Die Zahlungseingänge unterteilten sich dabei auf die einzelnen Zeitperioden wie folgt:
6.5.1998 bis 30.6.1998 10.398,52 DM
1.7.1998 bis 8.9.1998 8.801,68 DM
9.9.1998 bis 15.10.1998 3.849,76 DM
16.10.1998 bis 30.11.1998 4.244,62 DM
1.12.1998 bis 31.12.1998 2.991,16 DM.
Im Zeitraum vom 19.5.1998 bis 1.12.1998 fielen Kosten für Erhaltungs-, Energieversorgungs- und sonstigen Aufwand von insgesamt 6.095 DM für das Grundstück an. Weiterhin betrug die Zwangsverwaltervergütung des Beklagten im Jahr 1998 7.227,49 DM brutto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm die Mietzinsen i.H.v. 30.285,74 DM aufgrund der vorläufigen Einstellung der Vollsteckungsmaßnahmen nach § 2 Abs. 4 GesO zuständen. Die Nichtberechtigung des Beklagten bezüglich der streitgegenständlichen Mietzinsforderungen ergebe sich aus der Tatsache, dass durch die einstweilige Einstellung anderweitiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Beschlag der Mietzinsforderungen entfallen sei. Auch aus § 153b ZVG n.F. würde sich ergeben, dass im Fall der Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens der Insolvenzverwalter die Nutzungen zu vereinnahmen habe. Hierfür spreche auch, dass Vollstreckungsmaßnahmen eines durch Zwangssicherungshypothek dinglich gesicherten Gläubigers ihre Wirksamkeit im Gesamtvollstreckungsverfahren verlieren würden, falls die Zwangsvollstreckungsmaßnahme in diesem Zeitpunkt noch nicht vollendet sei, auch wenn das Pfandrecht zunächst wirksam entstanden sei.
Der Kläger hat beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.285,74 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das Gesamtvollstreckungsverfahren die Rechte des dinglich gesicherten Gläubigers jedenfalls dann nicht berühre, wenn zum Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Zw...