Leitsatz (amtlich)
1. Eine Datenverarbeitung liegt auch in der im Rahmen einer vertraglichen Gewährleistung erfolgten physischen Zerstörung einer Festplatte, die personenbezogene Daten des Betroffenen enthält.
2. Die Einwilligung in eine solche Verarbeitung kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden. Bei der Rücksendung einer Festplatte an den Verkäufer im Rahmen einer vertraglichen Garantie liegt sie jedenfalls dann vor, wenn der Verkäufer vorab darauf hingewiesen hatte, dass auch deren Austausch in Betracht kommt und für die Datensicherung allein der Kunde verantwortlich ist.
3. Mit der Erklärung, den eingesandten Datenträger nicht mehr im Besitz und die aufgespielten Daten nicht ausgelesen zu haben, hat der Verantwortliche den Auskunftsanspruch des Betroffenen erfüllt; weitere Auskünfte schuldet er dann nicht.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 5 O 1041/20) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 8.2.2021 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, in Höhe des sich aus einem Betrag von 5000,00 EUR ergebenden Kostenerstattungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf bis zu 16.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter unzulässiger Verarbeitung seiner Daten, Auskunft über die Weitergabe dieser Daten in Form von Haupt- und Hilfsantrag, die Herausgabe einer Festplatte sowie Unterlassung des Einbehalts oder der Weitergabe bzw. Veröffentlichung der Daten auf dieser Festplatte.
Die Parteien schlossen im April 2018 einen Kaufvertrag über einen Laptop mit drei Jahren Garantie. Wegen eines Defekts übersandte der Kläger die Festplatte einschließlich der darauf befindlichen personenbezogenen Daten im April 2020 an die Beklagte zur Reparatur; die Beklagte hatte vor der Rücksendung in einer E-Mail vom 30.3.2020 (Anlage K 5) darauf hingewiesen, dass sie eine Datensicherung nicht vornehmen könne, hierfür vielmehr der Kunde selbst verantwortlich sei. Am 6.4.2020 übersandte sie dem Kläger eine Festplatte, bei der es sich unstreitig nicht um die von ihm eingesandte handelte. Personenbezogene Daten des Klägers waren auf dieser Festplatte nicht vorhanden, ob sie Dateien eines Dritten enthielt und ob es sich hierbei um eine neuwertige Festplatte gehandelt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen zum Verbleib der Festplatte im Betrieb des Klägers die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger seine erstinstanzliche Rechtsauffassung und vertritt die Auffassung, das Landgericht habe die maßgeblichen Vorschriften der DSGVO fehlerhaft ausgelegt und auf unvollständiger Sachverhaltsgrundlage entschieden.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. a) Auskunft darüber zu erteilen, ob und welchen Dritten sie in die Daten auf der ihr von dem Kläger übersandten Festplatte Seagate mit der Seriennummer ... Einsicht gewährt hat, unter Auflistung der Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, samt Nennung der Rechtsgrundlage;
b) hilfsweise dem Kläger über die Ausführung des Reparatur-Auftrags vom 31.3.2020 der Festplatte Seagate mit der Seriennummer ... und deren Dateninhalte sowie einer etwaigen Weitergabe der Festplatte selbst Rechenschaft abzulegen;
2. die Festplatte Seagate mit der Seriennummer ... sowie die Daten-lnhalte der Festplatte, die sich zum Zeitpunkt des Versands der Festplatte an die Beklagte auf der Festplatte befunden haben, samt etwaig angefertigter Kopien, dem Kläger herauszugeben;
3. es bei Meldung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250. 000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, zu unterlassen, die Festplatte Seagate mit der Seriennummer ... sowie die Daten-lnhalte der Festplatte, die sich zum Zeitpunkt des Versands der Festplatte an die Beklagte, auf der Festplatte befunden haben, samt etwaiger gefertigter Kopien, gleich ob in gedruckter oder digitaler Form, einzubehalten, an Dritte weiterzugeben oder zu veröffentlichen;
4. an den Kläger Schadensersatz, wie er sich anhand der Auskunft gemäß Ziffer l ergibt, mindestens jedoch in Höhe von 10.000 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu bezahlen,
5. an den Kläger die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.029,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Es wird i...