Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfeprüfung, Verfahrenskostenvorschussanspruch gegen Ehegatten bei gerichtlicher Geltendmachung von Trennungsunterhalt nach Quoten;
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss aus § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB stellt im Grundsatz einen Vermögenswert im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO dar.
2. Wird der gerichtlich geltend gemachte Anspruch des Trennungsunterhalts nach Quoten bemessen, scheidet ein Anspruch des Ehegatten auf Verfahrenskostenvorschuss regelmäßig aus, sodass die Bedürftigkeit des Verfahrenskostenhilfe begehrenden Ehegatten im Sinne der §§ 114, 115 ZPO nicht unter Verweis auf einen Verfahrenskostenvorschussanspruch verneint werden kann. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss kommt in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige über sehr hohe Einkünfte, über zusätzliche nicht prägende Einkünfte oder über Vermögen verfügt, welche er in zumutbarer Weise für die Verfahrenskosten einsetzen könnte.
3. Auf einen Verfahrenskostenvorschussanspruch kann ein Antragsgegner nur dann verwiesen werden, wenn dieser zeitnah durchgesetzt werden kann. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Antragsteller einen Unterhaltsanspruch des Antragsgegners dem Grunde und der Höhe nach bestreitet (Anschluss an OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.01.2013, 7 WF 163/13, FamRZ 2013, 1325f)
Normenkette
BGB § 1360 Abs. 4 S. 1; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2, § 114; ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 19 F 79/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 17.07.2018 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 16.08.2018 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin nach Maßgabe der unten ausgeführten Beschlussgründe zurückverwiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I) Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Antragsgegnerin im angefochtenen Beschluss Verfahrenskostenhilfe in dem Ehescheidungsverfahren mit der Begründung verweigert, die Antragsgegnerin sei nicht bedürftig im Sinne von § 115 ZPO i.V.m. §§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, da ein durchsetzbarer Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Ehegatten nach den Bestimmungen der §§ 1360 a Abs. 4, 1602 ff BGB bestehen. Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 18.07.2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07.08.2018 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese ihr Begehren auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt. Unter weiterem Vortrag zu den Einkommensverhältnissen des Antragstellers vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, der Antragsteller sei nicht in der Lage einen Kostenvorschuss zu leisten. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, dass sie außergerichtlich den Antragsteller zur Zahlung von monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.060,- EUR aufgefordert und darüber hinaus im Verbund Geschiedenenunterhalt geltend macht habe.
II) Die form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die ihr Verfahrenskostenhilfe verweigernde Entscheidung des Amtsgerichts hat - vorläufig - Erfolg. Die Zurückweisung des Antrags der Antragsgegnerin auf Verfahrenskostenhilfe kann mit der Begründung des Amtsgerichts keinen Bestand haben. Das Amtsgericht wird nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen davon auszugehen haben, dass die Antragsgegnerin bedürftig im Sinne des § 115 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 76 Abs. 1 FamFG ist und auf dieser Grundlage erneut - unter Prüfung der Erfolgsaussichten des Verteidigungsbegehrens - über den Verfahrenskostenhilfeantrag zu befinden haben.
1) Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO ist einem Beteiligten nur dann Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn er bedürftig ist, d.h. nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 115 Abs. 2 ZPO hat ein Beteiligter zur Deckung der Verfahrenskosten auch sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Auch ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss stellt einen solchen Vermögenswert im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO dar (vgl. BGH Beschluss vom 04.08.2004 - XII ZA 6/04 -, juris FamRZ 2004, 1633; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.06.2015 - 16 WF 59/15 -, Rn. 8, zit. nach juris = FamRz. 2016 1279f).
Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu tragen, das eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB. Dieser Anspruch ist nach seiner systematischen Stellun...