Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
1. Ist bei der Beurteilung der Frage, ob eine Benutzung nach Art und Umfang ernsthaft im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 2008/95/EG ist, bei einer Marke, die für eine breite Warenkategorie - hier Landfahrzeuge, insbesondere Automobile und Teile davon - eingetragen ist, die aber tatsächlich nur für ein besonderes Marktsegment - hier: hochpreisige Luxussportwagen und Teile davon - benutzt wird, auf den Markt für die eingetragene Warenkategorie insgesamt abzustellen oder kann auf das besondere Marktsegment abgestellt werden? Ist dann, wenn die Benutzung für das besondere Marktsegment ausreicht, die Marke im Löschungsverfahren wegen Verfalls in Bezug auf dieses Marktsegment aufrecht zu erhalten?
2. Stellt der Vertrieb von gebrauchten Waren, die bereits vom Markeninhaber im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind, durch den Markeninhaber eine Benutzung der Marke im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 2008/95/EG dar?
3. Wird eine Marke, die nicht nur für eine Ware, sondern zudem auch für Teile dieser Ware eingetragen ist, rechtserhaltend auch für die Ware benutzt, wenn diese Ware nicht mehr vertrieben wird, wohl aber mit der Marke gekennzeichnete Zubehör- und Ersatzteile für die in der Vergangenheit vertriebene und mit der Marke gekennzeichnete Ware?
4. Ist bei der Beurteilung, ob eine ernsthafte Benutzung vorliegt, auch zu berücksichtigen, ob der Markeninhaber zwar nicht unter Verwendung der Marke, aber für die bereits vertriebenen Waren bestimmte Dienstleistungen anbietet?
5. Sind bei der Prüfung der Benutzung der Marke im betreffenden Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 2008/95/EG gemäß Artikel 5 des Deutsch-Schweizerischen Staatsvertrags vom 13. April 1892 betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz auch Benutzungen der Marke in der Schweiz zu berücksichtigen?
6. Ist es mit der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, dem Markeninhaber, der wegen Verfalls der Marke in Anspruch genommen wird, zwar eine umfassende Darlegungslast für die Benutzung der Marke aufzuerlegen, das Risiko der Nichterweislichkeit aber dem Löschungskläger aufzuerlegen?
Gründe
A) Die Beklagte ist Inhaberin der am 22.07.1987 bei der WIPO eingetragenen IR-Marke 515 107
testarossa,
die Schutz beansprucht für folgende Waren der Klasse 12:
Véhicules; appareils de locomotion par terre, par air ou par eau, notamment automobiles et leurs parties.
deutsch: Fahrzeuge; Fortbewegungsvorrichtungen zu Land, Luft oder Wasser, insbesondere Automobile und Teile davon.
und deren Schutz sich auf Deutschland erstreckt.
Zwischen 1984 und 1991 vertrieb die Beklagte ein Sportwagenmodell unter der Bezeichnung "Testarossa", bis 1996 die Nachfolgemodelle 512 TR und F512 M. Im Jahre 2014 produzierte sie ein Einzelstück mit der Modellbezeichnung "Ferrari F12 TRS". Der Kläger stellte am 3.12.2015 einen Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt, der Marke wegen Verfalls den Schutz zu entziehen, dem die Beklagte widersprach.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, in die Schutzentziehung ihrer unter der Registernummer 515107 eingetragenen internationalen Marke testarossafür Deutschland einzuwilligen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Löschungsmarke in einem ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren in Deutschland und der Schweiz nicht ernsthaft für die Waren genutzt, für die sie eingetragen ist. Es sei daran festzuhalten, dass eine Marke nur dann ernsthaft benutzt werde, wenn sie ihrer Hauptfunktion entsprechend genutzt werde, nämlich die Ursprungsidentität der von ihrer Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu garantieren. Die Rechtsprechung des EuGH zu einem weiteren Funktionsverständnis ändere daran nichts, da diese sich auf die Frage der rechtsverletzenden Benutzung im Rahmen Identitätsschutzes beziehe. Zwar liege die Darlegungs- und Beweislast für eine Nichtbenutzung beim Löschungskläger. Allerdings treffe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, substantiiert vorzutragen und zu belegen, dass entgegen der Behauptung des Klägers eine ernsthafte Benutzung stattgefunden habe. Auch hieran ändere die Bekanntheit der Löschungsmarke - entgegen der Ansicht der Beklagten - nichts. Eine ernsthafte Benutzung der Löschungsmarke für die eingetragenen Waren habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Für die Waren "Fortbewegungsmaschinen zu Luft oder zu Wasser" fehle jeglicher Vortrag. Ihr Vortrag zur Benutzung für "Fahrzeuge; Fortbewegungsmaschinen zu Land, insbesondere Automobile und deren Bestandteile" reiche nicht aus, um eine diesbezügliche ernsthafte Benutzung anzunehmen.
Die über die Firmenabteilung "Ferrari Classiche" angebotene Wartung, Instandhaltung und Restauration auch von "Testarossa"-Fahrzeuge...