Leitsatz (amtlich)
1. Die Besetzung von Führungspositionen in der abhängigen Gesellschaft kann die Entscheidung des Aktionärs berühren, ob dem Aufsichtsrat der Muttergesellschaft Entlastung erteilt und Vertrauen für die Zukunft ausgesprochen werden kann.
2. Eine Detailkontrolle von Personalentscheidungen - hier: die Anstellung und Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden - findet grundsätzlich nicht statt.
Weitergehende Informationen kann der Aktionär der Muttergesellschaft nur begehren, wenn begründete Anhaltspunkte für einen schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzesverstoß der Organe - Vorstand und Aufsichtsrat der Muttergesellschaft - vorliegen.
Normenkette
AktG §§ 132, 99 Abs. 1, § 131 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, §§ 120, 84; FamFG § 63 Abs. 1; VO (EG) 2157/2001 Art. 53
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 07.11.2013; Aktenzeichen 91 O 64/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 7.11.2013 - 91 O 64/13 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Anträge auf Auskunftserteilung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin trägt der Antragsteller.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin, der P. AG. Mehrheitsaktionärin ist die D. AG, die 96,8 % der Aktien hält.
Die Antragsgegnerin ist einer der großen Finanzdienstleister Deutschlands, zudem ist sie mittelbar und unmittelbar an zahlreichen Tochtergesellschaften beteiligt, unter anderem zu 100 % an der X gegründeten PF. AG mit Sitz in x. Diese bietet mit ihren rund X "mobilen Beraterinnen und Beratern" Beratungsdienstleistungen zu Finanzfragen mit den Schwerpunkten Baufinanzierung, Bausparen, Versicherungen, Girokonten, Privatdarlehen sowie Immobilienkauf/-verkauf an und ergänzt - gegliedert in zwei Vertriebsregionen mit 16 Gebietsdirektionen - das stationäre Vertriebsnetz der P.-Filialen. Die als selbstständige Handelsvertreter tätigen Berater kommen auf Wunsch zu Kunden nach Hause; zudem können sie ein Netz von mehr als X Beratungscentern in ganz Deutschland nutzen.
Zum 8.3.2013 ernannte der Aufsichtsrat der PF. AG C. zum Vorstandsvorsitzenden der PF. AG. Die Bestellung wurde am 14.3.2013 in das Handelsregister eingetragen.
Rund drei Jahre zuvor war - wie der Tagespresse zu entnehmen war - bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue gegen C. anhängig (3004 Js 464/09 StA Hamburg), das auf eine Strafanzeige des Antragstellers zurückging. Hintergrund war der Vorwurf, C. habe als Vorstandsvorsitzender der I. AG in den Jahren X bis X private Ausgaben, darunter auch solche für die Bewirtung von Parteifreunden, über das Unternehmen als Spesen abgerechnet. Im September 2010 wurde das Verfahren gemäß § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO gegen Schadenswiedergutmachung in Höhe von x EUR eingestellt. Das Geschäft der I. AG besteht in der Konzeption und dem Vertrieb geschlossener Fonds und kapitalgarantierter Anlageprodukte für private Anleger, wobei der Schwerpunkt in Schiffsfonds liegt.
Gegen C. wurde ein weiteres Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München II geführt, die ihm Insolvenzverschleppung und Betrug vorwarf (61 Js 41894/09 StA München II). Dieses Verfahren wurde im Juli 2012 - rund neun Monate vor seiner Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden der PF. AG - gegen Zahlungsauflagen in Höhe von insgesamt x EUR gemäß § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO eingestellt. Der Einstellungsverfügung zufolge hatte er als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der N. Handelsgesellschaft und der W. GmbH im Juni/Juli 2009 trotz Zahlungsunfähigkeit beider Unternehmen entgegen § 15a Abs. 1 InsO keinen Insolvenzantrag gestellt, sondern vielmehr die Geschäfte fortgesetzt, Waren bestellen und Dienstleistungen beanspruchen lassen, obgleich beide Gesellschaften zur Begleichung von Rechnungen erkennbar nicht mehr in der Lage waren.
Die Tagesordnung der hier streitgegenständlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin vom 28.5.2013 sah u.a. die Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2012 vor.
In der Hauptversammlung meldete sich der Antragsteller zu Wort und stellte u.a. die nachfolgenden Fragen zur Anstellung C., die der Vorstand - wie folgt - beantwortete.
F 35: "Wer - bitte namentliche Nennung - hat Herrn C. zur P. geholt und die Verhandlungen geführt?..."
A: "Wir haben einen intensiven, professionell unterstützten Suchprozess für die Verstärkung des Vorstands der Finanzberatung durchgeführt. Nach diesem Prozess hat sich der Aufsichtsrat der Finanzberatung für Herrn C. aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen und persönlichen Fähigkeiten entschieden. Eine Einflussnahme durch Dritte gab es nicht."
F 36: "Ist Ihnen bekannt, dass die Praxis der Spesenabrechnung Herrn C. ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg wegen Verdachts ...