Leitsatz (amtlich)
Bei einem Zusammentreffen der Fallgestaltungen nach § 19 Abs. 3 und § 17 Abs. 2a StromNEV erstreckt sich die Fiktionswirkung des § 19 Abs. 3 S. 4 StromNEV auch auf das Vorliegen der gleichen Netz- bzw. Umspannebene im Sinne des § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 3 StromNEV. Für die Bewertung, ob die gegebenenfalls zu poolenden Entnahmestellen auf der gleichen Netz- oder Umspannebene liegen, ist bei einer singulären Nutzung von Betriebsmitteln die nach § 19 Abs. Abs. 3 S. 4 StromNEV fingierte Abrechnungsebene zu betrachten.
Die Fiktionswirkung des § 19 Abs. 3 S. 4 StromNEV bezieht sich dagegen nicht auf das in § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 StromNEV genannte Erfordernis, dass die Entnahmestellen mit dem Netz desselben Netzbetreibers verbunden sein müssen.
Das Pooling von Entnahmestellen ist nach dem erkennbaren Willen des Verordnungsgebers auf Netznutzungsverhältnisse zwischen einem Netznutzer und einem Netzbetreiber beschränkt. Eine Erstreckung der Fiktionswirkung auf Fallgestaltungen mit mehreren Netzbetreibern ist auch nicht im Hinblick auf den Sinn und Zweck der mit dem Pooling einhergehenden Privilegierung geboten.
Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 StromNEV auf Anschlusskonstellationen, in denen keine Netzbetreiberidentität vorliegt, scheidet mangels planwidriger Regelungslücke sowie vergleichbarer Interessenlage aus.
Normenkette
StromNEV § 17 Abs. 2a, § 19 Abs. 3
Tenor
Die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 1), 2) und 3) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur werden der Beschwerdeführerin zu 1) zu 49 %, der Beschwerdeführerin zu 2) zu 26 % und der Beschwerdeführerin zu 3) zu 25 % auferlegt. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beschwerdeführerinnen jeweils selbst.
Der Beschwerdewert für die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zu 1) (VI-3 Kart 197/15) wird bis zum 25.04.2016 auf... Euro festgesetzt.
Der Beschwerdewert für die Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 2) (VI-3 Kart 198/15) wird bis zum 25.04.2016 auf... Euro festgesetzt.
Der Beschwerdewert für die Beschwerde der Beigeladenen und Beschwerdeführerin zu 3) (VI-3 Kart 200/15) wird bis zum 25.04.2016 auf... Euro festgesetzt.
Ab dem 25.04.2016 beträgt der Beschwerdewert des verbundenen Beschwerdeverfahrens VI-3 Kart 197/15... Euro.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin zu 2) betreibt an den Standorten A. und B. Chemieparks. Über die von ihr betriebenen Stromverteilernetze versorgt sie industrielle Letztverbraucher mit Elektrizität. Die Beschwerdeführerin zu 1) betreibt ein Elektrizitäts- sowie ein Gas-Verteilernetz im Sinne des § 3 Nr. 3 und 7 EnWG. Die Beschwerdeführerin zu 3) ist Betreiberin eines Übertragungsnetzes im Sinne des § 3 Nr. 10 EnWG. Die Verteilernetze der Beschwerdeführerin zu 2) sind an beiden Standorten zum Teil direkt und zum Teil über Betriebsmittel der Beschwerdeführerin zu 1) an das Netz der Beschwerdeführerin zu 3) angeschlossen.
Dem Beschwerdeverfahren liegt ein Missbrauchsverfahren der Beschwerdeführerin zu 2) als Antragstellerin gegen die Beschwerdeführerin zu 1) als Antragsgegnerin zu Grunde, in dem die Beschwerdeführerin zu 2) eine Abrechnung für die singuläre Nutzung von Betriebsmitteln gemäß § 19 Abs. 3 StromNEV sowie eine gepoolte Abrechnung ihrer Entnahmestellen erreichen wollte.
Die Anschlusssituation in A. stellt sich wie folgt dar:
Die Verteilernetzanlagen der Beschwerdeführerin zu 2) sind im Netzknoten 1 über zwei von der Beschwerdeführerin zu 3) betriebene 220/25-kV-Transformatoren (Transformatoren 23 und 24) mit dem Höchstspannungsnetz der Beschwerdeführerin zu 3) verbunden. Im Netzknoten 2 ist die Beschwerdeführerin zu 2) über zwei weitere Transformatoren (11 und 13), die im Eigentum der Beschwerdeführerin zu 1) stehen, an eine 110-kV-Sammelschiene der Beschwerdeführerin zu 3) angebunden. Die von den Transformatoren 11 und 13 zur unterspannungsseitigen Sammelschiene führenden 110-kV-Anbindungsleitungen stehen ebenfalls im Eigentum der Beschwerdeführerin zu 1). Über den an die Sammelschiene angeschlossenen Transformator 21, der gleichfalls von der Beschwerdeführerin zu 3) betrieben wird, erfolgt der Anschluss an das Höchstspannungsnetz der Beschwerdeführerin zu 3). An die 110-kV-Sammelschiene ist des Weiteren auch das 110-kV-Netz der Beschwerdeführerin zu 1) über die in ihrem Eigentum stehenden 110-kV-Leitungen E. und F. angeschlossen. An die Transformatoren 11 und 13 im Netzknoten 2) sowie die Anbindungsleitungen zu der Sammelschiene ist ausschließlich die Beschwerdeführerin zu 2) angeschlossen. Sie werden zum Teil über den Transformator 21 aus dem Höchstspannungsnetz der Beschwerdeführerin zu 3) gespeist. Inwieweit darüber hinaus eine Einspeisung auch aus dem vermaschten 110-kV-Netz der Beschwerdeführerin zu 1) erfolgt, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am Standort B. wird die Beschwerdefü...