Entscheidungsstichwort (Thema)
Tod des Ausgleichspflichtigen beim verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich
Verfahrensgang
AG Neuss (Aktenzeichen 50 F 31/21) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung N. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuss vom 11.03.2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
II. Der Antragstellerin wird zur Abwehr der Beschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. in N. ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Gründe
I. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung in Anspruch.
Die am 18.07.1948 geborene Antragstellerin, die aus Rumänien stammt, war mit dem am 20.09.1945 geborenen H. W. verheiratet. Die Eheschließung erfolgte am 03.12.1971. Auf den am 18.10.2010 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht Neuss mit Beschluss vom 08.07.2011, rechtskräftig seit dem 20.08.2011 in dem Verfahren AG Neuss 48 F 262/10 die Ehe geschieden.
In der Ehezeit vom 01.12.1971 bis 30.09.2010 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) hatten die Antragstellerin und ihr früherer Ehemann jeweils Anrechte auf Versorgung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung N. vom 25.02.2011 der frühere Ehemann, der seit dem 01.10.2010 eine Altersrente bezog, 44,3082 Entgeltpunkte und die Antragstellerin laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung N. vom 14.06.2012 7,9038 Entgeltpunkte. Daneben hatten beide früheren Eheleute in der Ehezeit Rentenanwartschaften bei einem rumänischen Versicherungsträger erworben. Eine Feststellung der Höhe dieser Anrechte unterblieb in dem Verbundverfahren.
Das Amtsgericht hat in der Verbundentscheidung vom 08.07.2011 angeordnet, dass der Versorgungsausgleich dem Ausgleich nach der Scheidung vorbehalten bleibt (Ziffer 2 der Beschlussformel). Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Versorgungsausgleich sei gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG dem Ausgleich nach der Scheidung vorzubehalten. Beide Ehegatten hätten in der Ehezeit nicht ausgleichsreife Anrechte bei einem ausländischen Versorgungsträger, der rumänischen Rentenversicherung, erworben. Es wäre unbillig, zunächst nur die Anrechte in der Deutschen Rentenversicherung auszugleichen.
Die Antragstellerin, die seit dem 01.10.2013 eine Vollrente wegen Alters bezieht, hat mit Antrag vom 24.03.2013 die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beantragt. Mit Beschluss vom 08.05.2015 hat das Amtsgericht (AG Neuss, 44 F 104/15) den früheren Ehemann u.a. verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 01.03.2015 eine monatliche Ausgleichsrente von 572,68 EUR zu zahlen. Weiterhin hat das Amtsgericht dem früheren Ehemann aufgegeben, seinen Anspruch auf Altersrente gegen die Deutsche Rentenversicherung N. ab Rechtskraft der Entscheidung in Höhe von monatlich 572,68 EUR an die Antragstellerin abzutreten. Das Amtsgericht hat die Antragstellerin u.a. verpflichtet, an den früheren Ehemann ab dem 01.03.2015 monatlich 149,11 EUR zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts Neuss vom 08.05.2015 verwiesen.
Die Deutsche Rentenversicherung N. zahlte in der Folgezeit an die Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente von 572,68 EUR.
Der frühere Ehemann der Antragstellerin verstarb in der Zeit zwischen dem 07.10.2020 und 14.10.2020, vgl. Sterbeurkunde vom 27.10.2020.
Mit bei dem Amtsgericht am 10.02.2021 eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin daraufhin die Deutsche Rentenversicherung N. auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung in Anspruch genommen und beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, an sie eine monatliche schuldrechtliche Ausgleichsrente von 572,68 EUR zu zahlen.
Die Versorgungsträgerin ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, da der Wertausgleich bei der Scheidung aus Billigkeitsgründen nach §19 Abs. 3 VersAusglG nicht durchgeführt worden sei, scheide ein Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung aus.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin ab März 2020 eine Ausgleichsrente von monatlich 423,57 EUR zu zahlen. Die Antragstellerin habe gegen die Antragsgegnerin dem Grunde nach Anspruch auf Teilhabe an der dem verstorbenen früheren Ehemann zustehenden Versorgungsanrechten. Der Höhe nach sei der Anspruch um die von den Antragstellerin zu zahlende Ausgleichsrente von 149,11 EUR auf 423,57 EUR (572,68 EUR -149,11 EUR) zu kürzen. Dass der Versorgungsausgleich bei der Scheidung wegen Unbilligkeit nicht durchgeführt worden sei, stehe dem Teilhabeanspruch der Antragstellerin nicht entgegen.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Deutsche Rentenversicherung N. geltend, ein Ausgleichsanspruch der Antragstellerin gegen ihren früheren Ehemann sei mit dessen Tod nac...