Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwirkung der Vergütung eines Sachverständigen wegen vorwerfbarer Schaffung von Ablehnungsgründen (§ 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 JVEG) setzt die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen in dem Verfahren voraus, in dem er beauftragt wurde.
2. Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (357 Abs. 1 ZPO) gilt auch für Ortstermine eines Sachverständigen, die der Durchführung technischer Untersuchungen dienen. Hat ein Sachverständiger die Verfahrensbeteiligten unter Verstoß gegen 357 Abs. 1 ZPO nicht über bevorstehende Ortstermine zur Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen für das zu er-stellende Gutachten unterrichtet, so kann dieser zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führende Mangel regelmäßig dadurch geheilt werden, dass die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und ein ergänzendes Gutachten erstellt wird.
Normenkette
JVEG § 8a; ZPO § 357
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 6 O 319/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Sachverständigen werden der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach- Einzelrichter - vom 31. Mai 2019 (Bl. 612 f GA) sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 10. September 2019 (Bl. 641 f GA) aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, über die dem Sachverständigen M. zustehende Vergütung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde des Sachverständigen gegen den im Tenor genannten Beschluss ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Das Landgericht hat dem Sachverständigen eine Vergütung rechtsfehlerhaft mit der Begründung versagt, er habe im Rahmen seiner Leistungserbringung grob fahrlässig Gründe geschaffen, die einen Beteiligten zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigten, § 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 JVEG. Die Voraussetzungen hierfür liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Verwirkung der Vergütung wegen vorwerfbarer Schaffung von Ablehnungsgründen die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen in dem Verfahren voraussetzt, in dem er beauftragt wurde (OLG Frankfurt, FamRZ 2018, 1172; Binz/Dorndörfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, § 8a JVEG, Rn. 10). Eine Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ist jedoch weder erfolgt noch hat das Gericht hierzu eine Entscheidung getroffen.
Ebenfalls wäre die vom Einzelrichter der Kammer in dem angefochtenen Beschluss angeführte Begründung, der Sachverständige habe den Parteien keine Gelegenheit gegeben, an der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme teilzunehmen, nicht ohne Weiteres geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Denn das fragliche Verhalten des Sachverständigenstellt für sich genommen nicht seine Unparteilichkeit in Frage. Soweit die Sachbehandlung des Sachverständigen verfahrensfehlerhaft war, sahen sich dem beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt.
Die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen es ebenfalls nicht, dem Sachverständigen eine Vergütung im Hinblick darauf zu versagen, dass er eine mangelhafte Leistung erbracht habe, § 8a Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 JVEG. Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (357 Abs. 1 ZPO) gilt auch für Ortstermine eines Sachverständigen, die - wie vorliegend - der Durchführung technischer Untersuchungen dienen. Hat ein Sachverständiger die Verfahrensbeteiligten unter Verstoß gegen 357 Abs. 1 ZPO nicht über bevorstehende Ortstermine zur Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen für das zu erstellende Gutachten unterrichtet, so kann dieser zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führende Mangel allerdings regelmäßig dadurch geheilt werden, dass die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und ein ergänzendes Gutachten erstellt wird (vgl. BVerwG NVwZ 2014, 744). Dass dies vorliegend nicht erfolgt ist, hat der Einzelrichter der Kammer in keiner Weise nachvollziehbar begründet.
II. Der Kostenausspruch folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13787730 |