Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 15.06.2015; Aktenzeichen 3 O 2/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 07.07.2015 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 15.06.2015 - 3 O 2/15 - teilweise geändert:
Der Beklagte hat an den Kläger auf Grund des Beschlusses des LG Wuppertal vom 20.04.2015 weitere 11.427,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 05.05.2015 zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Der Beschwerdewert beträgt 11.427,50 EUR.
Gründe
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache Erfolg. Die Kostenfestsetzung basiert auf einer unzutreffenden Auslegung der Kostengrundentscheidung.
Die Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 20.04.2015 lautet wie folgt:
"Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites. Die außergerichtlichen Kosten sowie die Kosten des Vergleiches werden gegeneinander aufgehoben, wobei sich die Parteien einig sind, dass die Kosten des als Anlage K 2 überreichten Privatgutachtens S. L. (A.) allein dem außergerichtlichen Bereich zugeordnet bleiben".
Im Festsetzungsverfahren wird der Kostentitel nur der Höhe nach ergänzt, das heißt betragsmäßig beziffert. Rechtspfleger und Richter sind daher an die Kostengrundentscheidung selbst dann gebunden, wenn diese unrichtig oder unzulässig ist. Eine fehlerhafte oder unvollständige Grundentscheidung, etwa weil z.B. eine Klagerücknahme gegen einen Streitgenossen übersehen, ein Ermessen nach § 100 Abs. 2 ZPO nicht erwogen oder eine Kostentrennung nach § 96 ZPO nicht beachtet worden ist, darf im Festsetzungsverfahren weder korrigiert noch ergänzt werden. Hierdurch wird indes die Auslegung einer unklaren, mehrdeutigen oder widersprüchlichen Kostengrundentscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen, solange der sachliche Gehalt des Titels nicht verändert wird. Dazu ist eine möglichst praxisgerechte Lösung anzustreben, die sich in den engen Grenzen einer wortlautorientierten Auslegung hält. Diese ist insofern objektiviert, als eigene Vorstellungen des Festsetzungsorgans unberücksichtigt bleiben müssen, soweit diese in Tenor oder Entscheidungsgründen keine Entsprechung finden. (OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.1993 - 9 W 46/93 - BeckRS 1993, 04834; MüKoZPO/Schulz, ZPO, 4. Aufl. 2013 § 104 Rn. 62; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.6.2009 - I-24 W 29/09 - OLGR 2009, 816, 817).
Die von den Parteien gewählte Formulierung ist in ihrem Wortlaut nicht eindeutig und bedarf der Auslegung. Grundsätzlich werden von der Formulierung in Satz 1 "Kosten des Rechtsstreits" im gerichtlichen Sprachgebrauch alle während des gerichtlichen Verfahrens anfallenden Kosten gemeint, dazu zählen sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten. Sieht man diese Formulierung isoliert, wäre davon auszugehen, dass der Beklagte sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten zu tragen hat, also die gesamten Prozesskosten. Demgegenüber steht die Formulierung "Die außergerichtlichen Kosten ... werden gegeneinander aufgehoben". Üblicherweise werden im Sprachgebrauch des Gerichts und auch der Anwaltschaft darunter die im Gerichtsverfahren anfallenden Anwaltskosten verstanden. Im Gegensatz dazu werden die Anwaltskosten, die vorprozessual angefallen sind, mit vorgerichtliche Kosten bezeichnet. Folgt man dem üblichen Gebrauch dieser Wortwahl müssten die Parteien die im Gerichtsverfahren angefallenen Anwaltskosten jeder selbst tragen. Da die Parteien keine übereinstimmenden Angaben dazu machen, wie diese Formulierungen in Einklang zu bringen sind, ist das Erklärte gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren. Auf seinen Horizont und seine Verständnismöglichkeit ist die Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und verstehen durfte. Der Empfänger darf der Erklärung allerdings nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Er ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Auflage, § 133 Rdnr. 9, BGH, Urteil vom 05.10.2006 - III ZR 166/05 -, juris; BGH, Urteil vom 21.5.2008 - IV ZR 238/06 -, juris).
Unter Berücksichtigung der weiteren Formulierungen im Vergleichstext selbst und der Vorkorrespondenz der Parteien sind die in ihrem Zusammenhang unklaren Formulierungen dahingehend auszulegen, dass der Beklagte dem Kläger die während des Gerichtsverfahrens angefallenen Anwaltskosten erstatten sollte und mit den "außergerichtlichen Kosten" in Satz 2 die vorgerichtlichen Anwaltskosten geme...