Leitsatz (amtlich)
Soweit die letztwillige Verfügung des Erblassers, wonach seine beiden Kinder sein "gesamtes Barvermögen aus Konten und Versicherungen" erben und der Ehegatte bevollmächtigt ist "das Erbe anzunehmen und das Geld zu verwalten und auch auszugeben im Sinne der Familie", als Anordnung einer Testamentsvollstreckung ausgelegt werden kann, so ist jedenfalls für eine (ergänzende) Auslegung im Sinne der Bestimmung eines Ersatztestamentsvollstreckers bei Ausfall des Ehegatten als Testamentsvollstrecker in Ermangelung einer entsprechenden Andeutung kein Raum.
Normenkette
BGB §§ 2198, 2200, 2203-2204, 2205 S. 1, § 2209 S. 1 Hs. 2, § 2210
Verfahrensgang
AG Geldern (Beschluss vom 22.08.2012; Aktenzeichen 26 VI 488/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der angefochtene Beschluss geändert.
Die Testamentsvollstreckung über die Anordnung der tatsächlichen Nachlassabwicklung und Beendigung nach abgeschlossener Verteilung hinaus wird aufgehoben.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Kinder der Erblasserin, die niederländische Staatsangehörige war.
Diese verfasste unter dem 5.5.2009 ein handschriftliches Testament. Darin verfügte sie:
"N. und D. G. erben mein gesamtes Barvermögen aus Konten und Versicherungen, der Vater A. G. is bevollmächtigd das Erbe anzunehmen und das Geld zu verwalten und auch auszugeben im Sinne der Familie".
Sein Gesuch zu 26 VI 73/11 AG Geldern vom 9.2.2011 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses hat der Vater der Beteiligten zu 1 zurückgenommen, weil das Verfahren in den Niederlanden geführt werden solle.
Das Nachlassgericht hat den Beteiligten zu 1 auf Antrag des Beteiligten zu 2 als ihr Ergänzungspfleger nach Erbausschlagung ihres Vaters zu Urk.-R.-Nr. 1788/2011 des Notars H. in Straelen vom 21.11.2011 (26 VI 626/11 AG Geldern) unter dem 23.7.2012 (26 VI 297/11 AG Geldern) einen gemeinschaftlichen Erbschein zu je 1/2 Anteil erteilt und dort ausgeführt:
"Die Testamentsvollstreckung ist angeordnet."
Die Beteiligte zu 2 hatte im Erbscheinsantrag mitgeteilt, ein Ersatztestamentsvollstrecker sei nicht bestellt.
Auf Anregung des Beteiligten zu 2, des Ergänzungspflegers für die minderjährigen Beteiligten zu 1, hat das AG diesen mit Beschluss vom 22.8.2012 zum Testamentsvollstrecker der Erblasserin ernannt, mit der Funktion, "die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben fortzuführen (Dauervollstreckung gem. § 2209 Abs. 1, Satz 1, Alt. 2 BGB). Die Dauervollstreckung endet mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Miterben ... N. A. G., geboren 1.6.1999."
Zur Begründung hat das AG ausgeführt, der von der Erblasserin zum Testamentsvollstrecker bestimmte Vater der Erben, der mit der Ernennung des Beteiligten zu 2 einverstanden sei, könne im konkreten Fall selbst nicht Testamentsvollstrecker sein; über sein Vermögen sei das Insolvenzverfahren eröffnet (43 IN 490/07 AG Bielefeld); er erlange bei Vorliegen der Voraussetzungen am 17.7.2013 Restschuldbefreiung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 3.10.2012.
Sie beantragen (in erster Linie), die Testamentsvollstreckung über die Anordnung der tatsächlichen Nachlassabwicklung und Beendigung nach abgeschlossener Verteilung gem. § 2203 BGB hinaus aufzuheben.
Die Beteiligten zu 1 haben geltend gemacht, das AG habe die Testamentsvollstreckung nicht unabhängig vom Alter des Beteiligten zu 1b bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres seines Bruders, des Beteiligten zu 1a, anordnen dürfen. Im Testament finde sich eine zeitliche Beschränkung der Testamentsvollstreckung nicht, weshalb eine zeitliche Ausdehnung über das 18. Lebensjahr der Beschwerdeführer hinaus nicht zulässig sei. Auf der Grundlage des § 2203 BGB sei allein die Abwicklungsvollstreckung des Testaments, insbesondere der Verkauf der Immobilien, durchzuführen.
Eine Gefährdung des Vermögens der Erben durch das im Juli 2013 endende Privatinsolvenzverfahren ihres Vaters sei nicht zu besorgen.
Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 8.11.2012, ohne hierfür eine Begründung zu geben, nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat diesen Beschluss am 29.11.2012 wegen Begründungsmangels aufgehoben.
Unter dem 10.12.2012 hat das AG abermals die Nichtabhilfe beschlossen, die Sache erneut vorgelegt und die Nichtabhilfe dahin begründet, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer lasse sich dem Testament nicht lediglich die Aufgabe zur Verteilung des Nachlasses entnehmen. Hierin heiße es wörtlich: "... das Geld zu verwalten und auch auszugeben im Sinne der Familie". Hiernach habe gerade keine bloße Aufteilung des Nachlasses auf die Erben stattfinden sollen, sondern vielmehr eine Verwaltung des Nachlasses für die Kinder der Erblasserin in deren Sinne. Für diese Auslegung spreche auch, dass die minderjährigen Kinder der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments erst 10 bzw. 12 Jahre alt waren. Es liege daher nahe, dass der Nachlass nicht zwischen den Kindern aufgeteilt, sonder...