Normenkette
AktG §§ 304, 304 Abs. 2 S. 1, § 305 Abs. 3 S. 2, § § 327a ff., § 327b Abs. 1 S. 1; SpruchG § 6 Abs. 2, 2 S. 3, § 15 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 4
Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 29.11.2007; Aktenzeichen 18 O 59/04 AktE) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1. und 2. gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 29.11.2007 werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der Minderheitsaktionäre im Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin. Die Antragsteller zu 1. und 2. tragen ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 200.000 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
Die Antragsgegnerin ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der S. und war seit 1989 Hauptaktionärin der H. mit Sitz in X. Sie hielt zuletzt 99,418% des Grundkapitals der H..
...
Zum 1.7.1996 schloss die Antragsgegnerin mit der H. einen "Service-, Dienstleistungs- und Überlassungsvertrag", so dass die H. keine eigene Verwaltung mehr benötigte. Mit Wirkung zum 30.11.2000 wurde das gesamte operative Geschäft auf die Antragsgegnerin übertragen und der Geschäftsbetrieb mit bestehenden Verträgen und wesentlichen Vermögensgegenständen und Schulden zum Preis von Millionen Euro an die Antragsgegnerin verkauft. Aus dem Erlös wurde eine Kapitalherabsetzung bedient, die zu einer Kapitalrückzahlung von insgesamt Millionen Euro führte. Den restlichen Veräußerungserlös gewährte die H. der Antragsgegnerin als Darlehn. Der Zinsertrag aus dem Darlehn diente dazu, die Pensionsverpflichtungen der H. zu erfüllen (Pensionsrückstellungen für Ruhegeldempfänger und ausgeschiedene Anwartschaftsberechtigte, jährlich ca. Millionen Euro). Nicht übertragen wurde ferner ein Erbbaurecht an einem Grundstück in X (Ertrag: Euro jährlich). Weitere wirtschaftliche Aktivitäten entfaltete die H. seither nicht mehr. Seit 2001 hat die H. keine Arbeitnehmer mehr.
Das Grundkapital der H. betrug ursprünglich 20 Millionen DM und war in 400.000 Inhaberaktien im Nennbetrag von je 50 DM aufgeteilt. Die Anzahl der Aktien wurde durch Beschluss vom 23.11.2000 auf 10,4 Millionen Stück erhöht (Verhältnis 1:26). Im Zuge der Aufgabe des operativen Geschäfts am 23.11.2000 wurde im Rahmen einer Kapitalermäßigung von 20 Millionen DM das Grundkapital auf 50.000 Euro reduziert und in 50.000 neue, auf den Inhaber lautende Aktien ohne Nennwert aufgeteilt. Auf jede der 50.000 Aktien wurden 404,86 DM, entspricht 207 Euro, zurückgezahlt. Der neu entstandene Aktienanteil am Grundkapital beträgt damit das Achtfache des Wertes der ursprünglichen Inhaberaktie.
...
Am 15.4.2002 stellte die Konzernmutter der Antragsgegnerin, die E., einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach Chapter 11 des US-Amerikanischen Bankrupcty Code, weil sich das Unternehmen im Zuge fremdfinanzierter Akquisitionen in den neunziger Jahren überschuldet hatte.
Am 31.1.1989 hatte die Antragsgegnerin von der Gründerfamilie 75% des Grundkapitals der H. erworben. In der Folgezeit steigerte die Antragsgegnerin ihren Anteil auf 99,418% des Grundkapitals. Ende 2003 befanden sich noch 291 Aktien im Streubesitz.
Am 18.5.1989 schlossen die Antragsgegnerin als herrschendes Unternehmen und die H. als beherrschtes Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Der Vertrag war bis zum 31.12.1994 abgeschlossen und verlängerte sich jeweils um fünf Jahre, wenn er nicht spätestens ein Jahr vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt wurde (Bericht Sachverständiger Prüfer S. 13). Den außenstehenden Aktionären waren in dem Vertrag eine Abfindung von 200 DM und ein Ausgleich von 7 DM angeboten worden. Die außenstehenden Aktionäre leiteten ein Spruchverfahren vor dem Landgericht Dortmund ein. Mit Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 18.5.2005 (Az. 18 AktE 3/03) setzte das Landgericht die angemessene Abfindung auf 122 Euro pro Aktie im Nennbetrag von 50 DM und den Ausgleich auf 8 Euro (brutto) fest. Die sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 2.7.2007 zurück (Az. I-26 W 3/06 AktE). Die Antragsgegnerin hat sich verpflichtet, den Minderheitsaktionären zustehende Mehrbeträge nachzuzahlen.
Viereinhalb Jahre später, am 28.11.2003, beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin, die restlichen außenstehenden Aktien der H. auf die Hauptaktionärin gemäß §§ 327a ff. AktG zu übertragen. Der Beschluss wurde am 10.12.2003 im Handelsregister des Amtsgerichts X. eingetragen und zuletzt am 9.1.2004 im Handelsblatt veröffentlicht.
Die Antragsgegnerin setzte auf der Grundlage eines Berichts des Wirtschaftsprüfers K. die Abfindung auf 611,07 Euro fest. Die Abfindung entsprach damit - unter Berücksichtigung der Kapitalveränderungen - der Barabfindung von 200 DM aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 19.5.1989 (Berechnung: Bericht S. 73, Bericht Sachverständiger Prüfer...