Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkung der Insolvenz des Versicherungsnehmers auf zukünftigen Versicherungsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Versicherungsverträge enthalten grundsätzlich teilbare Leistungen i.S.d. § 105 InsO.
2. Deshalb kann der Insolvenzverwalter gem. § 105 InsO für die Zeit nach Insolvenzeröffnung Versicherungsschutz verlangen, wenn er die von da an fälligen Versicherungsprämien zahlt, auch wenn der insolvente Versicherungsnehmer mit Prämienzahlungen in Rückstand war. Der Versicherer ist bezügl. dieser rückständigen Prämien Insolvenzgläubiger.
3. Offen bleiben kann, ob es anders ist, wenn der Versicherer wegen einer qualifizierten Mahnung gem. § 39 Abs. 2 VVG leistungsfrei geworden war, denn im vorliegenden Fall ist er das jedenfalls nicht.
4. Um den strengen Formerfordernissen einer Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG bewirkenden Mahnung zu genügen, muss bei gebündelten Versicherungen (hier: einer Hotel-Versicherungspolice zur Abdeckung unterschiedlicher Risiken durch ein Versicherungskonsortium) die auf die einzelnen Versicherungen entfallende Einzelprämie auch dann angegeben werden, wenn eine Globalpolice mit einer Gesamtprämie vereinbart war.
Normenkette
VVG § 39 Abs. 2; InsO § 105
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.06.2004; Aktenzeichen 11 O 518/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.6.2004 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.234 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 30.9.2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung hat Erfolg.
Die Beklagte ist vertraglich zur Erstattung der mit der Klage zurückverlangten Versicherungsprämien verpflichtet, die der Kläger unter Vorbehalt (vgl. Schreiben v. 17.6.2003, GA 46) gezahlt hat und derentwegen die Parteien eine gerichtliche Klärung der zwischen ihnen umstrittenen Frage vereinbart haben. Bei dieser Streitfrage geht es im Kern darum, ob es der Begleichung der in Rede stehenden Prämienrückstände aus vorinsolvenzlicher Zeit bedurfte, um den Versicherungsschutz für die Fortführung des Hotelbetriebs durch den klagenden Insolvenzverwalter sicherzustellen. Dies ist entsprechend der Rechtsauffassung des Klägers zu verneinen. Die Beklagte - und die von ihr vertretenen Konsortialversicherer - waren zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet, weil der klagende Insolvenzverwalter die Erfüllung des Versicherungsvertrages gewählt hatte. Dies hatte gem. § 105 InsO zur Folge, dass der Versicherungsvertrag aufgespalten wurde in einen auf die Zeit vor Insolvenzeröffnung entfallenden Teil, bezüglich dessen der Prämienanspruch nur als einfache Insolvenzforderung geltend zu machen ist, und den nach Insolvenzeröffnung angefallenen Teil, der vom Kläger erfüllt worden ist und um den es hier nicht geht. § 105 InsO ist anwendbar, weil die versicherungsvertraglich geschuldeten Leistungen teilbar sind (Kübler/Prütting/Tintelnot, § 105 InsO Rz. 12; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 105 InsO Rz. 20, m.w.N.). Prämienzahlungsverpflichtung einerseits sowie auf der anderen Seite die Verpflichtung, Versicherungsschutz zu gewähren, lassen sich in vor Insolvenzeintritt und nach Insolvenzeintritt zu erbringende (Teil-)Leistungen abschichten und verselbständigt sehen. Einem beliebigen Prämienanteil nämlich entspricht ein bestimmter Zeitraum der Risikoübernahme durch den Versicherer (Deckung und Prämie pro rata temporis). Dabei kann die Ausformung der geschuldeten Risikoübernahme variieren, etwa beim Versicherungsfall in Form der Verpflichtung, Versicherungsleistungen zu erbringen, aber auch umgekehrt, wenn etwa die Einstandspflicht des Versicherers ruht. Das eine wie das andere ist zeitlich festgelegt und kann somit der Zeit vor oder nach Insolvenzeröffnung zugeordnet und damit abgeschichtet werden. Die zeitanteilige Prämie deckt jedwede der vorgenannten "Leistungen" ab.
Dass Versicherungsverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse in besonderem Maße von in der Person des Versicherungsnehmers begründeten Einschätzungen geprägt werden, steht einer Teilbarkeit der Leistungen i.S.d. § 105 InsO nicht entgegen. Für zahlreiche Dauerschuldverhältnisse trifft die Insolvenzordnung besondere Regelungen, für Versicherungsverträge hingegen nicht. Demnach hat der Gesetzgeber dem personalen Element bei Versicherungsverträgen keine solche Bedeutung beigemessen, dass eine von normalen gegenseitigen Verträgen abweichende insolvenzrechtliche Behandlung geboten erschiene. Kalkulatorische Vergünstigungen für den späteren Insolvenzschuldner sollen nach der Entstehungsgeschichte des § 105 InsO dem Insolvenzverwalter zugute kommen (Kübler/Prütting/Tintelnot, § 105 InsO Rz. 2; HK/Marotzke, 2. Aufl., § 105 InsO Rz. 3 und 10; Kreft in MünchKomm/InsO, § 103 Rz. 47, jeweils m.w.N.).
Das Erfüllungsverlangen d...