Leitsatz (amtlich)
1. Ein Steuerberater verletzt seine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag, wenn er seinem Mandanten, der ein Einzelunternehmen betreibt und über kein sonstiges Vermögen verfügt, aus steuerlichen Gründen die Gründung einer GmbH und die Einbringung seines Einzelunternehmens als Sacheinlage in die GmbH empfiehlt, ohne sich vorher zu vergewissern, ob der Wert des Einzelunternehmens das Mindeststammkapital einer GmbH erreicht. Er begeht eine weitere Pflichtverletzung, wenn er in die von ihm erstellte Einbringungsbilanz Forderungen seines Mandanten gegen Kunden zum Nennwert einsetzt, ohne sich vorher zu vergewissern, ob die Forderungen vollwertig sind.
2. Den Mandanten trifft ein mit 1/3 zu bemessendes Mitverschulden, wenn er in dem der Anmeldung der GmbH zum Handelsregister beigefügten Sachgründungsbericht wider besseres Wissen die Vollwertigkeit seiner Forderungen bestätigt.
3. Solange der Mandant gegen den Bestand einer Steuerschuld vorgeht, hat er kein Interesse daran, von dem beklagten Steuerberater Zahlung oder Freistellung von der Steuerschuld zu erhalten. In einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 23.08.2002; Aktenzeichen 13 O 371/01) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.8.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Die auf Zahlung gerichtete Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen
b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von 1/3 diesem jeden Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch erwachsen ist oder erwächst, dass er auf ihren, der Beklagten, Rat durch notariellen Vertrag vom 7.12.1999 unter Einbringung seines Einzelunternehmens –Vertrieb und Montage von Fenstern und Türen- die Bauelemente S. GmbH gegründet hat.
Im Übrigen wird die auf Feststellung gerichtete Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist teilweise begründet. Die Entscheidung des LG beruht teilweise auf einer Rechtsverletzung, die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
I. Der Zahlungsantrag ist derzeit unbegründet.
Nach dem Vortrag des Klägers besteht der bezifferte Schaden in Steuerverbindlichkeiten, deren Festsetzung noch nicht bestandskräftig ist. Solange der Kläger gegen den Bestand der Steuerschuld vorgeht, hat er kein berechtigtes Interesse daran, von der Beklagten Zahlung oder Freistellung von der Steuerschuld zu erhalten. In einem solchen Fall ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg (BGH v. 10.12.1992 – IX ZR 54/92, MDR 1993, 1128 = NJW 1993, 1137 f). Etwas anderes gilt nur dann, wenn – anders als hier – der Anspruchssteller infolge einer Vollstreckung des FA oder zu deren Abwehr schon hat leisten müssen (BGH v. 12.6.1992 – V ZR 106/91, MDR 1993, 45 = NJW 1992, 2817; OLG Düsseldorf – 23 U 82/01 = GI 2002, 271 f).
II. 1. Der Feststellungsantrag ist nach den Ausführungen zu I. zulässig.
Soweit er Steuerverbindlichkeiten betrifft, die bereits Gegenstand der Leistungsklage sind, ist er als Minus in dem Zahlungsantrag enthalten. Soweit er den Ersatz weiteren Schadens zum Gegenstand hat, beinhaltet er eine Klageerweiterung i. S. von § 264 Nr. 2 ZPO, die jedoch nicht als Klageänderung i.S. der §§ 263, 533 ZPO anzusehen ist. Der Feststellungsantrag wird nämlich nicht auf einen neuen, sondern auf denselben Klagegrund gestützt wie der Zahlungsantrag aus dem Mahnbescheid und aus der Berufungsbegründung.
Die Klagebegründung ergänzendes neues Vorbringen des Klägers ist gem. § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Der pauschale Hinweis des LG, es beständen Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Darlegungen des Klägers zur Pflichtverletzung und zum Schaden, war unzureichend.
Es besteht auch ein Feststellungsinteresse des Klägers, da die Möglichkeit besteht, dass nach bestandkräftiger Festsetzung der Steuerverbindlichkeiten sich seine tatsächliche Vermögenslage „unter dem Strich” schlechter darstellt, als sie sein würde, wenn er die GmbH nicht gegründet hätte.
2. Der Feststellungsantrag ist (vorbehaltlich eines mit 1/3 zu bemessenden Mitverschuldens des Klägers) begründet.
Auf das Schuldverhältnis der Parteien finden die zum 31.12.2001 geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches gem. Art. 229, § 5 EGBGB Anwendung.
Die Beklagte haftet aus positiver Vertragsverletzung des Steuerberatervertrages oder, falls sie sich mit ihrer Beratung nicht mehr im Rahmen der für sie seit der Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 RBerG vom 31.8.1998 zulässigen Erledigung von Rechtsangelegenheiten gehalten haben sollte, aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i c.) und § 823 Abs. 2 BGB i...