Leitsatz (amtlich)
1. Ist das Mietverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst worden, so sind der Rückgabeanspruch gem. § 546 BGB sowie alle Abwicklungsansprüche bereits vor Eröffnung entstanden und folglich grundsätzlich Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO. Dies schließt den Anspruch des Vermieters auf Entschädigung bei verspäteter Rückgabe ein.
2. Zur Darlegungslast des Vermieters, dass der Insolvenzverwalter die Miet- oder Pachtsache nach Verfahrenseröffnung (weiter) nutzt und ihn dabei gezielt vom Besitz ausschließt.
3. Nur der äußere Anschein einer Inanspruchnahme der Mietsache durch den Insolvenzverwalter begründet noch keine Masseverbindlichkeit.
4. Zur Frage, ob eine den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 InsO eröffnende tatsächliche Inanspruchnahme in der in der (schlichten) Übernahme der Masse nach § 148 InsO zu sehen sein kann, wenn sich Gegenstände des Schuldners im Mietobjekt befinden.
5. Äußerungen, die der Verwalter gegenüber dem Vermieter vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in seiner Funktion als vorläufiger (schwacher) Insolvenzverwalter abgegeben hat sind ihm als Insolvenzverwalter nicht zuzurechnen
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § Abs. 2, §§ 286, 546; InsO §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, § 148
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 01.12.2010; Aktenzeichen 14c O 38/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das am 1.12.2010 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des LG Düsseldorf i.V.m. dem Berichtigungsbeschluss vom 21.12.2010 - Einzelrichterin - teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten, soweit zweitinstanzlich noch von Interesse, über Schadensersatzansprüche der Klägerin aus abgetretenem Recht der Fa. S GmbH (nachfolgend: Zedentin) gegen den Beklagten wegen verspäteter Rückgabe der von der Zedentin an die M-GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) untervermieteten Räume im Gebäude B- Straße in D. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (GA 136 - 141) verwiesen. Das LG hat die Klage gegen den Beklagten zu 2) persönlich abgewiesen und den Beklagten zu 1) wegen verzögerter Räumung gegenüber der Zedentin aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 546, 398 BGB verurteilt, an die Klägerin 51.796,10 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (GA 141 ff.).
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten zu 1), mit der er seinen erstinstanzlich erfolglos gebliebenen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Beklagte zu 1) rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht zusammengefasst geltend: Das LG habe zu Unrecht einen gegen die Masse gerichteten Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten angenommen. Allenfalls bestehe eine Insolvenzforderung, die nicht mit der Leistungsklage geltend gemacht werden könne. Für Ansprüche wegen fehlender Räumung sei anerkannt, dass es sich immer um Insolvenzforderungen handele, soweit das Mietverhältnis - wie unstreitig hier - schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet gewesen sei. Die von der Rechtsprechung angenommene Ausnahme, dass Masseforderungen entstehen können, wenn der Insolvenzverwalter die Mietgegenstände aktiv in Besitz nehme und unter Ausschluss des Berechtigten für die Masse nutze, beziehe sich nur auf möglicherweise zusätzlich gegebene Nutzungsersatzansprüche, die hier nicht gegeben seien. Ein Masseanspruch ergebe sich auch nicht aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die erforderliche Bereicherung könne nur in der Nutzung der Räume trotz des abgelaufenen Mietverhältnisses liegen. Dazu sei erforderlich, dass der Insolvenzverwalter das Mietobjekt bewusst in Besitz nehme und für die Masse nutze. Eine solche Nutzung habe, auch wenn die Klägerin dies unsubstantiiert in Abrede stelle, nicht vorgelegen. Die Beweislast für eine aktive Nutzung zugunsten der Insolvenzmasse i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO trage derjenige, der sich - wie hier die Klägerin - auf das Bestehen des Anspruchs berufe. Dieser ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast sei die Klägerin nicht nachgekommen. Für die vom LG insoweit angenommene Beweislastumkehr sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Erklärungen in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter, die zudem nicht als Ankündigung einer weiteren Nutzung für die Masse, sondern vielmehr als Ankündigung einer geordneten Räumung zu verstehen seien, entfalteten ihm gegenüber in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter keine Wirkung. Wegen der weiteren Einzelheiten seiner Berufungsbegründung wird auf die Berufungsschrift vom 13.1.2011 (GA 212 ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin verte...