Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 39 O 37/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.08.2019 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten.
Gründe
A. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. Vertriebs GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt, über die durch Beschluss vom 04.12.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Schuldnerin firmierte bis Januar 2013 unter dem Namen B. GmbH ... (Handelsregisterauszug zur Schuldnerin = Anlage K 33). Die Schuldnerin war eine Konzerngesellschaft der A. AG (Handelsregisterauszug = Anlage K 34), über die durch Beschluss vom 01.02.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die Schuldnerin durch die Geschäftsführer M. L. und M. R. vertreten.
Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der Beklagte einer ihrer Prokuristen. Die Beklagte war u.a. mit der Testierung der Jahresabschlüsse für das Rumpfgeschäftsjahr 2011 und das Geschäftsjahr 2012 betraut. Die Jahresabschlüsse der Schuldnerin zum 31.12.2011 (Rumpfgeschäftsjahr vom 01.03.2011 bis 31.12.2011) und 31.12.2012 waren prüfungspflichtig im Sinne von §§ 316, 267 HGB. Die Beklagte prüfte durch den Beklagten die vorgenannten Jahresabschlüsse und erteilte den Bestätigungsvermerk gemäß § 322 HGB (Bericht vom 29.06.2012 = Anlage K 2 und Bericht vom 07.05.2013 = Anlage K 3).
Der Kläger wirft den Beklagten Fehler bei der Prüfung der Jahresabschlüsse vor. Die Beklagten hätten bei ordnungsgemäßer Prüfung aufdecken müssen, dass die Bilanzen der Schuldnerin in vielfältiger Art und Weise von ihrem Geschäftsführer R., der Leiterin der Buchhaltung C. (die zuvor den Namen W. trug) und der Steuerberaterin/Wirtschaftsprüferin G. manipuliert worden seien, um ihre Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit zu bemänteln. Wegen der Manipulationen bei der Schuldnerin wird auf die Anlagen BE 1 bis BE 4 und B 114 Bezug genommen. Die vorgenannten Personen fälschten u.a. Eingangs- und Ausgangsrechnungen und Kontoauszüge. Auch wurden der Fa. D. gehörende Waren, die bei der Schuldnerin gelagert waren, von ihr unterschlagen und verkauft. Zu der Steuerberaterin/Wirtschaftsprüferin G. ist in erster Instanz unstreitig geblieben, dass sie freiberuflich ("extern") für die Schuldnerin tätig war. Erstmals mit dem Schriftsatz vom 01.03.2021 (durch den wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Berufungserwiderung vom 14.05.2020 erwidert worden ist) hat der Kläger vorgetragen, Frau G. sei wie eine Angestellte der Schuldnerin aufgetreten. Die Beklagten haben diesen Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz vom 14.05.2021 bestritten.
Der Kläger behauptet, dass im Falle der Aufdeckung der Manipulationen bereits am 30.06.2012 und nicht erst am 14.11.2013 ein Insolvenzantrag für die Schuldnerin gestellt worden wäre. Deshalb sei ein Fortführungsschaden durch Erhöhung der Überschuldung entstanden. Diesen Fortführungsschaden hat der Kläger mit der Anlage K 27 zunächst auf 162.795.256,10 EUR, sodann mit der Anlage K 77 auf 162.299.548,60 EUR beziffert. Schadensersatz hat der Kläger unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens der Schuldnerin zunächst in Höhe von 81.397.628,05 EUR geltend gemacht (Anspruchsbegründung vom 25.04.2017, GA 35). In der Replik vom 29.01.2018 (Seite 143 = GA 335) hat er erklärt, noch 81.149.774,30 EUR geltend zu machen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat er gleichwohl auf den Antrag aus der Anspruchsbegründung Bezug genommen.
Die Beklagten haben - u.a. gestützt auf ein mehrfach ergänztes Privatgutachten (Anlagen B 105, B 108, BE 5) - Fehler bei der Prüfung in Abrede gestellt. Sie haben sich darauf berufen, dass selbst eine intensivere Prüfung die Manipulationen nicht aufgedeckt hätte, weil die Schuldnerin in diesem Falle noch weitere gefälschte Unterlagen vorgelegt hätte. Die Beklagten haben zudem bestritten, dass die Aufdeckung der Manipulationen zu einem Insolvenzantrag geführt hätte und sind der Schadensberechnung entgegen getreten. Sie haben ein anspruchsausschließendes Mitverschulden der Schuldnerin eingewandt und die Einrede der Verjährung erhoben.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, ist die Klage durch die Kammer für Handelssachen (neben der Berufsrichterin besetzt mit zwei als Wirtschaftsprüfern tätigen Handelsrichtern) abgewiesen worden. Den Beklagten falle allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last. Gegenüber dem schweren Verschulden des Geschäftsführers der Schuldnerin und weiterer Mitarbeiter der Schuldnerin trete das Verschulden ...