Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsklausel in formularmäßigem, vom Auftragnehmer gestellten Generalunternehmervertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Für Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Titels ist eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO statthaft.
2. Die Auslegung eines als Vollstreckungsgegenklage bezeichneten Begehrens als prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO ist zulässig, wenn sich der Kläger (auch) auf die Unwirksamkeit der Unterwerfungsklausel beruft.
3. Eine Vollstreckungsklausel in einem formularmäßigen, vom Auftragnehmer gestellten Generalunternehmervertrag verstößt nicht nur gegen §§ 3, 12 MaBV (BGH v. 22.10.1998 – VII ZR 99/97, MDR 1999, 32 = NJW 1999, 51), sondern auch gegen §§ 11 Nr. 15, 9 AGBG, wenn sich der Auftraggeber wegen der ratenweise zu zahlenden Vergütung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft und der Notar jederzeit vollstreckbare Ausfertigungen dieser Urkunde ohne besonderen Fälligkeitsnachweis erteilen kann.
4. Von der Verjährung des der Vollstreckungsklausel zugrunde liegenden Restzahlungsanspruchs des Generalunternehmers bleibt dessen Recht unberührt, die Auflassung bzw. deren Vollzug gemäß §§ 320, 390 S. 2 BGB zu verweigern.
Normenkette
ZPO § 767; AGBG §§ 9, 11 Nr. 15; MaBV §§ 3, 12
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 9 O 157/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG D. vom 25.9.2000 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil der 9. Zivilkammer des LG D. vom 5.6.2000 wird aufgehoben.
Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars
Dr. C. aus M., UR-Nr.: … vom 20.9.1980 wird für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten der Säumnis der Klägerin im Termin vom 5.6.2000; diese trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin erwarb von den Rechtsvorgängern der Beklagten eine Eigentumswohnung und unterwarf sich im notariellen Kaufvertrag der sofortigen Zwangsvollstreckung mit der Ermächtigung an den Notar, dem Verkäufer jederzeit eine vollstreckbare Ausfertigung des notariellen Kaufvertrages zu erteilen. Die Klägerin hat die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung begehrt, da die Unterwerfungserklärung unwirksam sei und der Beklagten zudem im Hinblick auf mängelbedingte Minderungsrechte ein Restkaufpreisanspruch nicht mehr zustehe. Das LG hat die Zwangsvollstreckung nur wegen der Zinsen für unzulässig erklärt.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
I. 1. Die Klage ist analog § 767 ZPO als prozessuale Gestaltungsklage, gerichtet auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Titels, zulässig.
2) Einwendungen, mit denen die Unwirksamkeit des Titels geltend gemacht wird, unterfallen zwar nicht der unmittelbaren Anwendung des § 767 ZPO (BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, MDR 1992, 902 = NJW 1992, 2160), aber auch nicht ausschließlich der Klauselerinnerung (§ 732 ZPO). Für solche Einwendungen ist eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO statthaft (BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, MDR 1992, 902 = NJW 1992, 2160, Aufgabe von BGH v. 21.5.1987 – VII ZR 210/86, MDR 1988, 136 = NJW-RR 1987, 1149; v. 18.11.1993 – IX ZR 244/92, MDR 1994, 1040 = NJW 1994, 460; OLG Köln DNotZ 1999, 132; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 767, Rz. 2 – Stichwort: Klauselerinnerung sowie Rz. 7 m.w.N.). Da es der Sache nach um die Vollstreckungsfähigkeit geht, die nach der Systematik der ZPO nur im Wege einer Vollstreckungsgegenklage beseitigt werden kann, und die Interessenlage vergleichbar ist, rechtfertigt sich die analoge Anwendung des § 767 ZPO (BGH v. 18.11.1993 – IX ZR 244/92, MDR 1994, 1040 = NJW 1994, 460; OLG Düsseldorf Urt. v. 27.9.1994 – 23 U 29/92).
b) Das Klagebegehren ist nicht als Vollstreckungsgegenklage, sondern als prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO auszulegen. Eine solche Auslegung ist statthaft (BGH v. 18.11.1993 – IX ZR 244/92, MDR 1994, 1040 = NJW 1994, 460 [462]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.9.1994 – 23 U 29/92). Die Vollstreckungsgegenklage und die prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO haben zwar verschiedene Streitgegenstände (BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, MDR 1992, 902 = NJW 1992, 2160 [2162]). Dem Vorbringen der Klägerin kann aber entnommen werden, dass wegen der Unwirksamkeit der Unterwerfungsklausel die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung ausgesprochen werden soll. Dies wird nunmehr in der Berufungsbegründung ausdrücklich klargestellt (Bl. 166/167 GA, vgl. auch bereits Bl. 82 GA).
2. Diese prozessuale Gestaltungsklage mit dem Ziel, die Unwirksamkeit des Titels geltend zu machen, ist auch begründet. Die Unterwerfungserklärung in § 5 des Notarvertrages (Bl. 15 GA) ist unwirksam. Die Klägerin hat sich darin als Käuferin wegen aller in der Urkunde übernommener Zahlungsverpflichtungen den Zedenten als Verkäufern gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde unterworfen. Zugleic...