Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesetzgeber hat den Verordnungsgeber in § 21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 3, Nr. 8 und Nr. 9 EnWG zur näheren Ausgestaltung der Qualitätsvorgaben und damit auch der Auswahl des methodischen Ansatzes ermächtigt und ihm einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt. Davon hat der Verordnungsgeber mit §§ 18 ff. ARegV Gebrauch gemacht, indem er Vorgaben für ein Qualitäts-Anreizsystem normiert hat, das die Implementierung eines Q-Faktors in die Regulierungsformel zur Anpassung der Erlösobergrenze vorsieht.
2. Entsprechend § 32 Abs. 1 Nr. 6 ARegV kann die Regulierungsbehörde den Beginn der Anwendung, die weitere Ausgestaltung und das Verfahren zur Bestimmung des Qualitätselements festlegen. Dabei steht ihr hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung des Qualitätselements und der Methodik sowie des Verfahrens seiner Bestimmung ein "Gestaltungsspielraum" zu, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
3. Die Entscheidung der Regulierungsbehörde, das Qualitätselement ab einem von ihr bestimmten Zeitpunkt anzuwenden, setzt lediglich voraus, dass sie prognostisch anhand von ihr darzulegender Tatsachen und Anknüpfungspunkte die Einschätzung trifft, dass sie bis zu dem von ihr in den Blick genommenen Anwendungszeitpunkt über die geforderten hinreichend belastbaren Datenreihen verfügt, mit denen sie die Referenzwerte und damit auch das individuelle Qualitätselement bestimmen kann.
4. Störungen mit dem Unterbrechungsanlass "Einwirkungen Dritter" bilden die Versorgungszuverlässigkeit und damit die Qualitätsregulierung sachgerecht ab. Da die Versorgungsqualität in Gestalt der Netzzuverlässigkeit und -leistungsfähigkeit maßgeblich von den Bedürfnissen des Netzkunden geprägt wird, kommt es für die an sie zu stellenden Anforderungen ganz maßgeblich auf die Sicht des Netzkunden an.
5. Wie etwaige gebietsstrukturelle Besonderheiten methodisch zu berücksichtigen sind, geben Gesetz- und Verordnungsgeber der Regulierungsbehörde nicht weiter vor, sie belassen ihr hinsichtlich der Art und Weise sowie der Ausgestaltung der Methode einen Freiraum, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.
Normenkette
ARegV §§ 19-20, 32 Abs. 1 Nr. 6; EnWG § 21a Abs. 6 S. 2 Nr. 3; EnWG § 21a Nrn. 8-9
Verfahrensgang
Beschlusskammer 8 (Beschluss vom 07.06.2011; Aktenzeichen BK8-11/002) |
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen gegen die Festlegung der Beschlusskammer 8 vom 7.6.2011 - BK8-11/002 - wird zurückgewiesen.
Die Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz in X.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festlegung über den Beginn der Anwendung, die nähere Ausgestaltung und das Verfahren der Bestimmung des Qualitätselements hinsichtlich der Netzzuverlässigkeit für Elektrizitätsverteilernetze nach den §§ 19 und 20 ARegV. In Ziff. 1 der Festlegung ist der Beginn der zeitlichen Anwendung des Qualitätselements (sog. Q-Element) auf den 1.1.2012 festgelegt, inhaltlich wird der Anwendungsbereich auf die Netzzuverlässigkeit bei Elektrizitätsverteilernetzbetreibern beschränkt. In Ziff. 2 ist geregelt, dass die Daten aller Elektrizitätsverteilernetzbetreiber, die nicht am vereinfachten Verfahren nach § 24 ARegV teilnehmen, zur Bestimmung des Qualitätselements Netzzuverlässigkeit heranzuziehen sind. Gemäß Ziff. 4 wird die Netzzuverlässigkeit für die Niederspannungsebene anhand der Kennzahl SAIDI (System Average Interruption Duration Index) und für die Mittelspannungsebene mit der Kennzahl ASIDI (Average System Interruption Duration Index) bewertet. Für die Ermittlung der Kennzahlen sind nach Ziff. 5 der Festlegung geplante und ungeplante Versorgungsunterbrechungen mit einer Dauer von mehr als drei Minuten heranzuziehen. Dabei sind hinsichtlich der ungeplanten Versorgungsunterbrechungen solche mit den Unterbrechungsanlässen "atmosphärische Einwirkungen", "Einwirkungen Dritter" und "Zuständigkeit des Netzbetreibers/kein erkennbarer Anlass" und hinsichtlich der geplanten Versorgungsunterbrechungen solche mit dem Anlass "Sonstiges" zu berücksichtigen, wobei diese mit einem Faktor von 0,5 zu bewerten sind. In Ziff. 6 ist weiter bestimmt, dass aus den ermittelten Kennzahlen für die Niederspannungsebene und die Mittelspannungsebene jeweils ein Mittelwert für drei Kalenderjahre zu bilden ist. Ziff. 7 sieht vor, dass aus den Kennzahlenwerten Kennzahlenvorgaben (Referenzwerte) als gewichtete Durchschnittswerte, unter Berücksichtigung von gebietsstrukturellen Unterschieden, zu ermitteln sind, wobei der Strukturparameter "Last" des Kalenderjahres 2009 in der Mittelspannungs- und Niederspannungsebene dann heranzuziehen ist, wenn er statistisch bedeutsam ist. Sofern er zur Berücksichtigung gebietsstruktureller Unterschiede herangezogen wird, ist gem. Ziff. 8 der Referenzwert mitte...