Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vergütung für Tätigkeiten von Mitarbeitern des Nachlasspflegers
Leitsatz (amtlich)
Nach § 1888 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 VBVG in der seit 1.1.2023 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts als Teil der Stundenvergütung des Nachlasspflegers vergütungsfähig sind allein die von dem bestellten Nachlasspfleger selbst erbrachten Leistungen, nicht aber auch von seinen Mitarbeitern erbrachte Tätigkeiten. Insoweit kommt allenfalls ein Anspruch des Nachlasspflegers gemäß § 1888 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 VBVG auf Erstattung der ihm aus der Zuziehung dieser Personen entstandenen und erforderlichen Aufwendungen in Betracht.
Normenkette
BGB § 1888; FamFG § 292; VBVG §§ 3-4
Verfahrensgang
AG Königstein (Aktenzeichen 31 VI 1856/22) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Beschwerde des Vertreters der Staatskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Königstein am Taunus abgeändert.
Die von dem Beteiligten zu 1) für seine Tätigkeit in der Zeit vom 06.01.2023 bis zum 31.08.2023 aufgrund seines Antrags vom 31.08.2023 aus der Staatskasse zu beanspruchende Vergütung wird festgesetzt auf 1.880,91 EUR einschließlich 300,31 EUR gesetzlicher Umsatzsteuer.
Der weitergehende Antrag des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Erblasser ist am XX.XX.2022 mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Stadt1 verstorben.
Das Nachlassgericht hat, da Erben nicht ermittelt werden konnten, mit Beschluss vom 30.12.2022 (Bl. 21 d.A.) Nachlasspflegschaft wegen Unbekanntheit der Erben angeordnet und den Beteiligten zu 1) als Nachlasspfleger bestellt.
Dieser ist als Rechtsanwalt zugelassen. Er betreibt zusammen mit einem Wirtschaftsprüfer und Dipl-Wirtschaftsingenieur eine Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer PartG mbH (Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, vgl. § 8 Abs. 4 Satz 3 PartGG) unter der Geschäftsbezeichnung XY PartG mbH (vgl. Seite 32 d.A.).
Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 12.01.2023 (Bl. 33 d.A.) eine voraussichtliche Mittellosigkeit des Nachlasses angezeigt.
Mit Schreiben vom 31.08.2023 hat der Beteiligte zu 1) nach vorausgegangenen Zwischenberichten vom 14.03.2023 (Bl. 46 ff. d.A.), vom 28.03.2023 (Bl. 51 ff. d.A.) vom 18.04.2023 (Bl. 55 d.A.) und vom 16.08.2023 (Bl. 75 ff. d.A.) über den nunmehrigen Sachstand berichtet und einen Vergütungsantrag auf Datum 31.08.2013 eingereicht (Bl. 83 ff. d.A.).
Darin werden 60,9 h (0,9 h = 54 Minuten) Zeitstunden zu einem Stundensatz von 39 EUR in Ansatz gebracht. Ausweislich der beigefügten Tätigkeitsliste (Seite 83 ff. R d.A.) sind hierbei von dem Beteiligten zu 1) 38,9 Stunden und von dem mit ihm in einer Partnerschaftsgesellschaft als Partner verbundenen Wirtschaftsprüfer Y weitere 22 Tätigkeitsstunden erbracht worden, die folgende Tätigkeiten betreffen:
06.01.2023 |
5.18 h |
Termin Amtsgericht, |
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Gespräch Herr A ≪zuständiger Rechtspfleger≫ |
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Wohnung vor Ort, Vermögenssicherung, |
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Aktenanlage |
09.01.2023 |
2.30 h |
Durchsicht Aktenlage |
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3.18 h |
Durchsicht Aktenlage |
14.01.2023 |
1,54h |
Telefonat A, Durchsicht Aktenlage |
11.01.2023 |
1,24h |
Telefonat Kfz-Zulassungsstelle |
12.01.2023 |
1,36 h |
Fotodokumentation, Vorab-Information Amtsgericht |
06.02.2023 |
2.30 h |
Begehung Garage, Keller, Leerung Briefkasten |
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Abstimmung mit Hausmeister betr. Briefkastenleerung |
Der Beteiligte zu 2) als Vertreter der Staatskasse hat zu dem Vergütungsantrag mit Stellungnahme vom 06.11.2023 (Bl. 98 d.A.) mitgeteilt, dass seiner Auffassung nach lediglich die von dem Beteiligten zu 1) persönlich erbrachten Tätigkeitsstunden, aber nicht auch die von dem Wirtschaftsprüfer Y als Mitarbeiter des Beteiligten zu 1) aufgewendeten Zeitstunden vergütungsfähig seien, da allein der Beteiligte zu 1) zum Nachlasspfleger bestellt worden sei.
Der Beteiligte zu 1) ist dem mit Stellungnahme vom 14.11.2023 (Bl. 100 d.A.) entgegengetreten. Nach zutreffender Ansicht (vgl. Siebert/Sonnenberg, Nachlasspflegschaft, 6. Aufl. 2020, Rn. 987; LG Münster 5 T 58/15, juris ≪zu § 19 ZwVwV≫) sei der Zeitaufwand der von dem Nachlasspfleger zugezogenen Hilfskräfte im Grundsatz ebenso wie seine eigene Tätigkeit nach Zeitstunden vergütungsfähig. Dies gelte jedenfalls dort, wo sich die Delegation in zulässigen Rahmen handele und der Mitarbeiter über eine zum bestellten Nachlasspfleger vergleichbare Qualifikation verfüge, wie dies hier auf Herrn Y zutreffe. Dieser verfüge als Wirtschaftsprüfer über eine dem als Rechtsanwalt zugelassenen Nachlasspfleger vergleichbare Qualifikation.
Das Nachlassgericht hat mit vom Vertreter der Staatskasse angegriffenem Beschluss vom 24.11.2023 (Bl. 102 d.A.) dem Beteiligten zu 1) für seine Tätigkeit in der Zeit vom 06.01.2023 bis 31.08.2023 eine aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung in beantragter Höhe von 2.901,93 EUR wie folgt bewilligt: