Leitsatz (amtlich)
Ein rechtliches Interesse i.S.v. § 299 II ZPO ist regelmäßig gegeben, wenn die erstrebte Kenntnis von dem Inhalt der Akten zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist, nicht dagegen, wenn es lediglich darum geht, aus den Akten tatsächliche Informationen zur Durchsetzung eigener, in keinem rechtlichen Bezug zu dem Prozessgegenstand stehender bzw. mit dem Streitstoff nicht zusammenhängender Ansprüche zu gewinnen.
Normenkette
InsO § 4; ZPO § 299
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.02.2008; Aktenzeichen 370 E-1.5/08) |
Gründe
I. Die Antragstellerin - ein Versicherungsunternehmen - begehrt Akteneinsicht in die Gerichtsakte des Insolvenzverfahrens des AG Frankfurt/M., Az. 81 IN 898/05 G, über das Vermögen des A.
Zur Begründung hat sie mit Schreiben vom 31.7.2007 zunächst vorgetragen, sie sei Versicherer des Gemeinschuldners und benötige die Akteneinsicht zur Prüfung der "Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters bzw. von Gläubigern". Nachdem ihr die Akteneinsicht zunächst versagt worden war, hat sie mit weiterem Schreiben vom 23.1.2008 mitgeteilt, zwischen der Firma B und ihr sei ein Rechtsstreit vor dem LG Frankfurt/M., Az. 2-08 O 198/07, anhängig, in dem es um Ansprüche aufgrund einer Brandstiftung gehe und die B sich auf eine Abtretung des Gemeinschuldners berufe. Die Einsichtnahme in die Insolvenzakte sei erforderlich, da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeinschuldners eine maßgebliche Indizwirkung für das Vorliegen einer Eigen- bzw. Auftragsbrandstiftung i.S.d. § 61 VVG darstellen könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Antragstellerin vom 31.7.2007 (Bl. 68 ff. d.A.) und 23.1.2008 (Bl. 70 ff. d.A.) verwiesen.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 72 ff. d.A.), auf dessen Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird, hat der Präsident des AG das Akteneinsichtsgesuch der Antragstellerin abgelehnt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag abzulehnen sei, da das hierfür erforderliche rechtliche Interesse i.S.d. §§ 4 InsO, 299 Abs. 2 ZPO fehle. Die Antragstellerin sei weder Gläubigerin des Schuldners noch sonst am Insolvenzverfahren beteiligt. Ziel der Antragstellerin sei es, aus den Akten Informationen zu erhalten, um Ansprüche der - am Insolvenzverfahren ebenfalls nicht beteiligten - Firma B GmbH Co. KG abzuwehren. Dies vermöge zwar ein wirtschaftliches, aber noch kein rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO zu begründen.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit am 7.3.2008 beim OLG eingegangenem Schriftsatz Antrag nach den §§ 23 ff. EGGVG gestellt. Sie rügt im Wesentlichen, dass der Präsident des AG ein rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO zu Unrecht verneint habe. Die behauptete Schuldnerstellung der Antragstellerin schaffe eine unmittelbare rechtliche Beziehung zum Insolvenzschuldner, die für das erforderliche rechtliche Interesse hinreichend sei. Die Abtretung des Anspruchs durch den Insolvenzschuldner an die Firma B GmbH Co. KG sei insoweit unerheblich; letztendlich handele es sich bei der von dieser gegen die Antragstellerin geltend gemachten Forderung um eine solche des Insolvenzschuldners. Die von der Antragstellerin in diesem Zivilprozess geltend zu machenden Einwendungen bezögen sich auch auf die Person des Insolvenzschuldners. Der rechtliche Bezug zum Streitstoff der einzusehenden Insolvenzakte sei darin zu sehen, dass es um Indizien gehe, die im Rahmen dieses bereits anhängigen Zivilrechtsstreites von rechtlicher Bedeutung seien. Die darin behaupteten Ansprüche ergäben sich aus dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Versicherungsvertrag und die Maßgeblichkeit dieser Umstände aus der Rechtsprechung des BGH zu § 61 VVG. Die erforderliche Rechtsverteidigung gegen diese Ansprüche begründeten - so die Antragstellerin - das erforderliche rechtliche Interesse. Darüber hinaus hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 26.5.2008 erstmals den Anspruch auf Einsichtnahme in die Insolvenzakte hilfsweise damit begründet, dass die Versicherungsprämie vom Insolvenzschuldner nicht beglichen worden sei, so dass die Antragstellerin, was die nicht gezahlte Versicherungsprämie angehe, ohnehin Gläubigerin des Insolvenzschuldners sei.
Sie beantragt, den Beschluss des Antragsgegners vom 14.2.2008 aufzuheben und den Antragsgegner anzuweisen, der Antragstellerin Akteneinsicht in die Insolvenzakte des A beim AG Frankfurt/M. (Az.: 810 IN 898/05 G-5) zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG auf Akteneinsicht zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass der Präsident des AG das Gesuch der Antragstellerin mit zutreffender Begründung zurückgewiesen habe. Es fehle am rechtlichen Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO. Die Antragstellerin sei keine Gläubigerin des Schuldners, sondern Schuldnerin einer behaupteten Forderung, die dem Schuldner nicht einmal zustehe. Ihr Interesse sei lediglich darauf gerichtet, einzelne, möglicherweise in den Insolvenzakten enthalten...