Leitsatz (amtlich)
1. Wegen der Vorbehaltsregelung des § 37v Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz WpHG ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht ermächtigt, gegen Unternehmen, die als Inlandsemittenten nach HGB publizitätspflichtig sind, zur Erfüllung der Offenlegungspflichten nach § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG einzuschreiten. § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG ist insoweit angesichts des eindeutigen Wortlautes und der Gesetzesbegründung auch nicht einer abweichenden europarechtskonformen Auslegung zugänglich.
2. Wird ein Zwangsgeldverfahren auf der Grundlage eines bestandskräftigen Grundverwaltungsaktes betrieben, der außerhalb der behördlichen Kompetenz erlassen wurde, so liegt hierin ein Ermessensfehler.
Normenkette
EG Art. 10, 12, 249 Abs. 3; EGRL 109/2004 Art. 24; FinDAG § 17; HGB §§ 325, 335; VwVG §§ 6, 14; WpHG §§ 4, 37u, 37v Abs. 1
Tenor
Der Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 17.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.8.2011 wird aufgehoben, soweit darin wegen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung zu Ziff. 1.1.1. ein Zwangsgeld von 24.000,- EURO festgesetzt wurde.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu 3/5 Anteil zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, dessen Aktien an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind. Nachdem die BaFin festgestellt hatte, dass die Beschwerdeführerin ihre Verpflichtungen zur Finanzberichterstattung als kapitalmarktorientiertes Unternehmen für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 nicht ordnungsgemäß erfüllt hatte, ordnete sie nach vorausgegangener Anhörung mit Bescheid vom 3.9.2009 (Verwaltungsakte Bd. 1 Bl. 55 ff.), auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird an, dass die Beschwerdeführerin die dort näher bezeichneten zehn Finanzberichterstattungspflichten nach §§ 37v - 37z WpHG bis zum 30.10.2009 zu erfüllen und deren Erfüllung nachzuweisen habe, wobei für den Fall der Zuwiderhandlung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die im Einzelnen bezifferten Zwangsgelder in einer Gesamthöhe von 11.000,- EUR angedroht wurden. Gegen diesen ihr am 5.9.2009 zugestellten Grundverwaltungsakt legte die Beschwerdeführerin keinen Widerspruch ein, so dass er am 6.10.2009 bestandskräftig wurde.
Nachdem die Beschwerdeführerin der Anordnung nicht nachgekommen war, setzte die BaFin mit Bescheid vom 17.12.2009 die dort im Einzelnen aufgeführten Zwangsgelder in der bereits angedrohten Höhe mit dem Gesamtbetrag von 11.000,- EUR fest, die von der Beschwerdeführerin umgehend gezahlt wurden.
Nachdem die Beschwerdeführerin die Pflichten jedoch weiterhin nicht erfüllt hatte, setzte die BaFin wiederum nach vorausgegangener Androhung mit weiterem Bescheid vom 20.5.2010 erneute Zwangsgelder i.H.v. nunmehr insgesamt 22.000,- EUR fest, die von der Beschwerdeführerin am 24.8.2010 ebenfalls gezahlt wurden.
Nach vorausgegangener Androhung mit Bescheid vom 14.10.2010 setzte die BaFin wegen weiterer Nichterfüllung der Finanzberichterstattungspflichten mit Bescheid vom 17.12.2010, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Verwaltungsakte Bd. 3 Bl. 94 ff.), erneute Zwangsgelder in einer Höhe von nunmehr 66.000,- EUR unter Anordnung der sofortigen Vollziehung fest. Dabei wurde wegen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung Ziff. 1.1.1., den Jahresfinanzbericht für das Geschäftsjahr 2008 zu erstellen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, ein Zwangsgeld von 24.000,- EURO festgesetzt.
Die Beschwerdeführerin zahlte die festgesetzten Zwangsgelder i.H.v. 66.000,- EUR und legte nunmehr gegen den Festsetzungsbescheid vom 17.12.2010 fristgerecht Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie die Finanzberichterstattungspflichten im Laufe des Februar 2011 zwischenzeitlich vollständig erfüllt habe, was sich auf entsprechende Überprüfung der BaFin als zutreffend erwies. Sie machte außerdem geltend, dass die Vorschrift des § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG, wegen deren Nichterfüllung das höchste Einzelzwangsgeld i.H.v. 24.000,- DM festgesetzt worden war, auf sie keine Anwendung finde, da sie insoweit nach HGB zur Offenlegung verpflichtet sei. Hieraus ergebe sich des Weiteren, dass die BaFin nicht für die Durchsetzung dieser Pflichten zuständig sei, sondern allein das Bundesamt für Justiz, welches gegen sie aufgrund desselben Sachverhalts auch bereits ein Ordnungsgeldverfahren eingeleitet habe.
Die BaFin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.8.2011 - der Beschwerdeführerin zugestellt am 22.8.2011 - zurück, wobei zur Begründung ausgeführt wurde, der Festsetzungsbescheid sei formell und materiell rechtmäßig, da die Beschwerdeführerin der behördlichen Anordnung im Grundverwaltungsakt vom 3.9.2009 bis zur Festsetzung der Zwangsgelder nicht nachgekommen sei. Für die Vollstreckbarkeit komme es auf die Rechtmäßigkeit dieses Grundverwaltungsakts vom 3.9.2009 nicht an....