Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann eine Werbung den für die Anwendung von §§ 7, 10 HWG erforderlichen (indirekten) Produktbezug auf ein bestimmtes, in der Werbung jedoch nicht genanntes Arzneimittel aufweist ("Pink Luna").
Normenkette
HeilMWerbG §§ 7, 10
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen 2/3 O 9/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.7.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers hinsichtlich des Unterlassungstitels durch Sicherheitsleistung i.H.v. 90.000,- EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Unterlassungstitels Sicherheit i.H.v. 90.000 EUR und im Übrigen Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Beklagte ist ein bekanntes pharmazeutisches Unternehmen, deren Tochtergesellschaft A GmbH das verschreibungspflichtige Kontrazeptivum "Pink Luna" vertreibt (Anlage K 2). Die Beklagte hat unter der Domain liebe-ist-pink. de eine Internetseite veröffentlicht, die Informationen zur Empfängnisverhütung und namentlich zur Verhütung mittels der sog. "Antibabypille" enthält. Auf dieser Internetseite wurde u.a. eine Verlosung beworben, als deren Gewinn "10 EUR Musik - Download - Gutscheine", einzulösen im Internetportal "Musicstar", ausgelobt wurden. Ferner bestand die Möglichkeit, diese Gutscheine als Bestandteile eines sog. "Pink Pack", bestehend aus einem Schminktäschchen, einem Pillen-Blister-Etui und anderen Utensilien, über den Frauenarzt zu beziehen. Wegen der weiteren Gestaltung dieser Internetseite wird auf die mit der Klageschrift vorgelegte Anlage K 1 (Bl. 33 - 56 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, sieht einen unzulässigen werblichen Zusammenhang der Internetseite mit der von der Tochtergesellschaft der Beklagten vertriebenen Antibabypille "Pink Luna". Er hält die Auslobung der Musikgutscheine für eine bei der Publikumswerbung von Arzneimitteln verbotene Wertreklame.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (Bl. 201 - 214 d.A.) verwiesen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, für das verschreibungspflichtige Arzneimittel "Pink Luna" außerhalb der Fachkreise zu werben und gegenüber Endverbrauchern "10,- EUR Download - Gutscheine" auszuloben, sofern dies wie in der oben genannten Internetseite geschieht. Es hat die angegriffene Internet-Präsentation als produktbezogene Werbung für das Kontrazeptivum "Pink Luna" bewertet. Auch wenn der Name dieses Produktes auf der streitgegenständlichen Internetseite nicht genannt werde, so könnten ihr die angesprochenen Verkehrskreise (Mädchen und junge Frauen) aufgrund der Gesamtumstände sowie ihrer eigenen Marktkenntnisse hinreichend deutlich entnehmen, dass für dieses Produkt geworben werde. Damit verstoße die Internetseite gegen das Verbot der produktbezogenen Publikumswerbung gem. § 10 Abs. 1 HWG. Das dortige Angebot von 10 EUR Download-Gutscheinen sei als unzulässige Werbegabe i.S.v. § 7 Abs. 1 HWG zu klassifizieren.
Die Beklagte wirft dem LG mit ihrer form-und fristgerecht eingelegten Berufung Rechtsfehler sowie eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung vor. Wenn - wie hier - ein Arzneimittelhersteller Informationen veröffentliche und dabei keines seiner Arzneimittel namentlich bezeichne, so könne eine produktbezogene Werbung i.S.d. § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) nur dann angenommen werden, wenn die Veröffentlichung eindeutig auf ein bestimmtes Produkt Bezug nehme. Die auf der hier angegriffenen Internet-Seite eingestellten Informationen richteten sich insbesondere an Mädchen und befassten sich in allgemeiner Form mit den Themen Sexualität und Verhütung, so dass man aus dem Inhalt der Seite nicht auf ein bestimmtes "Indikationsgebiet" schließen könne. Ebenso wenig genüge die Nennung eines Teils des Produktnamens (Pink) bzw. die entsprechende Farbgestaltung der Internet-Seite für einen Produktbezug zu "Pink Luna", denn die Farbe "Pink" werde häufig in Zusammenhang mit den Themen Mädchen, Liebe und Sexualität gebracht und beschreibe sozusagen das Lebensgefühl eines Mädchens im Teenageralter. Das von LG hervorgehobene Risiko sog. "Wunschverordnungen" der Patientinnen könne nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht als taugliche Grundlage für ein Verbot herangezogen werden. Das LG habe zuletzt auch verkannt, dass der ausgelobte Gutschein im Wert von 10,- EUR nur einen Anreiz zur Tei...