Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufklärungspflicht des Arztes über Risiko späterer Beschädigung von Brustimplantat durch Explantation
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.03.2015; Aktenzeichen 2-14 O 406/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.03.2015 (2/14 O 406/13) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die am XX.XX.196X geborene Klägerin nimmt den Beklagten - gesamtschuldnerisch mit der im Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main, 2/14 O 153/14 / 18 U 93/14 OLG Frankfurt am Main beklagten X GmbH - auf Schmerzensgeld (mindestens 50.000,00 EUR) und Feststellung der Ersatzpflicht aller materiellen und künftigen immateriellen Schäden wegen vermeintlich fehlerhafter Behandlung und Aufklärung vom 08.10.2003 bis 14.06.2004 in Anspruch.
Nach der Entfernung einer gutartigen Mamma-Zyste wurden der Klägerin am 07.03.2000 beidseits Brustimplantate eingesetzt. Es waren Silikonimplantate McGhan Style 120, 220 cc.
Am XX.XX.2003 verunfallte die Klägerin als angeschnallte Fahrerin auf der Autobahn. In der Folgezeit litt sie unter Schmerzen in der rechten Brust. Am 12.03.2003 ließ sie eine Mammographie durchführen.
Die Klägerin stellte sich am 08.10.2003 bei dem Beklagten vor. Dieser untersuchte die Klägerin am 10.12.2003 im Rahmen der Erstattung eines plastisch-chirurgischen Fachgutachtens vom 27.02.2004 (Bl. 124-126 d.A.) zur Verfolgung der Ansprüche gegenüber dem Unfallgegner. Zum Untersuchungstermin brachte die Klägerin die Mammographiebilder mit. Im Gutachten wird der Befund mitgeteilt, bei der klinischen Untersuchung habe sich im Bereich der rechten Brust ein deutlicher Druckschmerz im oberen inneren Quadranten gezeigt. Bei tiefer Palpation lasse sich eine circa 4 cm lange Lücke im Implantat tasten; die Umgebung sei schmerzhaft verhärtet. Die mitgebrachten Mammographiebilder vom 12.03.2003 zeigten eindeutig einen Riss im rechten Implantat. Der Beklagte empfahl der Klägerin titanbeschichtete B-Implantate der X GmbH. Diese Implantate wurden unter Verwendung von Vorprodukten hergestellt, die von dem französischen Unternehmen Poly Implantat Prothese (PIP) bezogen wurden. Die von der beklagten GmbH titanisierten Silikonhüllen wurden abschließend von dem Unternehmen PIP mit den titanisierten Verschlussteilen mit Silikon befüllt und verschlossen. Die Implantate waren CE-zertifiziert.
Am 08.10.2003 (Bl. 134 d.A.), 08.06.2004 (Bl. 131 d.A.) und 14.06.2004 (Bl. 132 d.A.) besprach der Beklagte mit der Klägerin die Durchführung und die Risiken des Eingriffs; die Aufklärungsinhalte sind im Einzelnen streitig.
Den Implantataustausch nahm der Beklagte am 14.06.2004 vor. Es fanden sich intakte Implantate; im craniomedialen Quadranten der rechten Brust zeigte sich eine Ruptur der Implantatkapsel mit narbigen Verwachsungen (OP-Bericht vom 14.06.2004, Bl. 135 d.A.). Der Klägerin wurden Implantate (310 cc) mit der Chargennummer ... eingesetzt.
Im Februar 2012 erfuhr die Klägerin, dass sie Betroffene des sogenannten PIP-Skandals sein könne. Sie begab sich in die Behandlung von Frau C, Krankenhaus1 in Stadt1, die am 21.02.2012 eine Kapselfibrose 3-4 befundete (Patientenkartei Anlagenband) und eine Impantatentfernung sowie Bruststraffung empfahl. Falls die Bruststraffung zu klein sein sollte, riet sie zur Eigenfettimplantation oder kleineren Implantaten. Die beidseitige Explantation und Bruststraffung nahm C am 23.02.2012 vor. Es fanden sich ausweislich des Operationsberichtes vom 23.02.2012 (Anlagenband) intakte Implantate und eine zarte Kapsel. Der pathologische Befund vom 27.02.2012 (Anlagenband der BA 18 U 93/14) beurteilte fibrosiertes Kapselgewebe mit Fremdkörperreaktion in der Umgebung doppelt brechenden Fremdmaterials. Die Klägerin erhielt die Implantate ausgehändigt. Sie verwahrte sie zunächst im Kühlschrank und ließ sie später im X Labor für Materialprüfung in Stadt2 lagern.
Die Klägerin hat behauptet, vor dem Eingriff hätte der Beklagte eine MRT- oder CT-Untersuchung veranlassen müssen, bei der sich gezeigt hätte, dass das rechte Brustimplantat nicht rupturiert sei, so dass der Austausch am 14.06.2004 nicht indiziert gewesen sei.
Der Beklagte habe erklärt, die besten, teuersten und sichersten Implantate zu verwenden. Diese könnten nicht mehr reißen und würden praktisch keine Kapseln mehr im Gewebe bilden. Die Implantate würden damit ein Leben lang halten und müssten nicht mehr entfernt werden. Diese Aussagen seien der wesentliche Grund dafür gewesen, dass sie sich für den Austausch entschieden habe.
Die B-Implantate seien nicht mit dem zugelassenen...