Leitsatz (amtlich)
Kann die anlässlich der Veräußerung eines Werkes der bildenden Künste aus einer inländischen Sammlung im Ausland auf Folgerechtsauskunft klagende Verwertungsgesellschaft nicht im Einzelnen darlegen, dass die Veräußerung wenigstens zum Teil im Inland stattgefunden hat, weil sie keinen vollständigen Einblick in den Geschäftsbereich der Vertragsparteien hat, so trifft den auf Auskunft in Anspruch genommenen Kunsthändler zumindest dann eine sekundäre Darlegungslast, wenn die gesamten Umstände eine im Inland vollzogene Veräußerung plausibel erscheinen lassen.
Normenkette
UrhG § 26 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.10.2003; Aktenzeichen 2-6 O 523/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die beiderseitigen Berufungen der Parteien wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 8.10.2003 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Namen und die Anschrift des (oder der) jeweiligen Veräußerer(s) der im - 2001 unter seiner Beteiligung veräußerten Originale von Werken der bildenden Künste der gem. der Anlage A I zur Klageschrift vom 19.12.2002 dem Kläger angeschlossenen Urheber aus der "Z" (Kunstsammlung der Y. bzw. der X. und ggf. weiterer Unternehmen der W bzw. von V, O1) sowie über die Höhe des jeweiligen Veräußerungserlöses der einzelnen Werke unter Angabe von Urheber und Titel zu erteilen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¼ und der Beklagte ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen wird den Parteien gestattet, eine Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Verwertungsgesellschaft macht Folgerechtsauskunftsansprüche (§ 26 Abs. 3 und 4 UrhG) gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte berät Sammler und Kunstinteressenten beim An- und Verkauf von Kunstwerken gegen Provision.
Der Kläger verlangt eine allgemeine Auskunft (§ 26 Abs. 3 UrhG) für das Jahr 2001 sowie Auskunft im Zusammenhang mit der Veräußerung der Kunst-Z, einer der größten und geschlossensten Privatsammlungen des ... mit Werken der Künstlergruppe "..." und "...", im 2001.
Die Verkäufer haben den in deutscher Sprache abgefassten Kaufvertrag am ...1.2001 in O2 unterschrieben. Im Übrigen sind die konkreten Umstände des Geschäftsabschlusses und des Vertragsinhalts, insb. hinsichtlich der dinglichen Übertragung, streitig.
Der Kläger hat gemeint, der Beklagte sei nach den Gesamtumständen seiner Aktivitäten Kunsthändler. Die Umstände der Veräußerung wiesen den erforderlichen Inlandsbezug auf, so dass deutsches Urheberrecht anzuwenden sei.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
1. dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Originale von Werken der bildenden Künste der aus der anliegenden Liste der dem Kläger angeschlossenen Urheber unter seiner Beteiligung (als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler) in der Zeit vom 1.2001 bis zum 12.2001 weiterveräußert wurden;
2. dem Kläger Auskunft über den Namen und die Anschrift des (oder der) jeweiligen Veräußerer(s) der im ... 2001 unter seiner Beteiligung veräußerten Werke i.S.d. Antrags 1. aus der "Z" (Kunstsammlung der Y. bzw. der X. und ggf. weiterer Unternehmen der W bzw. von V, O1) sowie über die Höhe des jeweiligen Veräußerungserlöses der einzelnen Werke unter Angabe von Urheber und Titel zu erteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, er betreibe keinen Kunsthandel, sondern sei ausschließlich beratend tätig. Die Veräußerung der Kunst-Z unterliege mangels Inlandsbezugs nicht dem deutschen Folgerechtsanspruch gem. § 26 Abs. 1 UrhG. Die Kunstwerke hätten sich vor der Veräußerung schon mehrere Monate in der Schweiz befunden, eine Übergabe in Deutschland könne nicht angenommen werden.
Das LG hat dem Antrag zu 1) stattgegeben. Es hat die Kunsthändlereigenschaft des Beklagten bejaht und gemeint, dem Beklagten sei rechtzeitig vor dem 31.12.2002 das Auskunftsersuchen des Klägers zugegangen.
Den Klageantrag zu 2) hat das LG abgewiesen, weil es an einem ausreichenden Inlandsbezug der Weiterveräußerung der Kunstwerke fehle. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 16.6.1994 - I ZR 24/92, BGHZ 126, 252 = MDR 1995, 493 - Folgerecht bei Auslandsbezug) spiele es dafür keine Rolle, ob das schuldrechtliche Geschäft in Deutschland stattgefunden habe und es sich bei den Vertragsparteien um deutsche Staatsangehörige handele. Der Kläger habe einen zumindest teilweise in Deutschland vollzogenen Eigentumsübergang nicht substantiiert vorgetragen. Er vermute nur, dass das von der Veräußererseit...