Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Amtspflichtverletzung durch Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung bei vertretbarem Verhalten der Staatsanwaltschaft
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.03.2017; Aktenzeichen 2-4 O 328/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.2017 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt das beklagte Land (im Folgenden: Beklagter) auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Einleitung und Fortführung des derzeit noch gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahrens, dem Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses sowie der Weitergabe staatsanwaltschaftlicher Informationen an die Presse in Anspruch.
Der Kläger war Präsident des x Fußballbundes (xFB) von Oktober 200X bis März 201X. In der Zeit vom 01.07.200X bis zum 30.09.200X war er außerdem Vizepräsident für Personal, Recht und Finanzen des Weltmeisterschafts- Organisationskomitees 200X (WM-OK). Am 07.04.200X bewilligten das Präsidium des WM-OK und anschließend der Präsidialausschuss eine Zahlung an die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) in Höhe von bis zu 7,0 Mio. EUR. Der Verwendungszweck lautete "Beitrag Kulturprogramm FIFA Fußballweltmeisterschaft 200X". Der Referent für das Rechnungswesen bereitete eine Überweisung über 6,7 Mio. EUR vor. Der Kläger und ein weiteres Präsidiumsmitglied gaben die Überweisung durch Leistung ihrer Unterschriften am 26.04.200X frei. Die Zahlung über 6,7 Mio. EUR buchte man in der Steuererklärung für das Jahr 200X zunächst erfolgsneutral. Im Rahmen der Körperschafts- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 200X buchte man die Zahlung als steuermindernde Betriebsausgabe. Die Steuererklärungen 200X unterschrieb der Kläger nicht persönlich. Er unterschrieb die Bilanzaufstellung per 31.12.200X, die der Steuererklärung für das Jahr 200X zugrunde lag. Die Bilanzaufstellung per 31.12.200X erfasste die Überweisung der 6,7 Mio. EUR als Betriebsausgabe. Die "FIFA Gala" fand zu keinem Zeitpunkt statt.
Die Staatsanwaltschaft O2 eröffnete am 28.10.2015 gegen den Kläger und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle (Finanzamt O2) vom 28.10.2015 (Anlage B 2, Bl. 98ff. d.A.) Bezug genommen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts O2 am 29.10.2015 einen Durchsuchungsbeschluss (Anlage K 8), aufgrund dessen die Wohnung des Klägers durchsucht wurde. Zur Zeit der Durchsuchung befanden sich Pressevertreter vor dem Anwesen des Klägers. Sie berichteten von der Hausdurchsuchung und fertigten Lichtbilder von dem Wohnhaus des Klägers. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens gelangten Informationen aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft an die Presse. Die Zeitung1 zitierte in einem Bericht vom ....2016 (Anlage K 4) aus einem ihr vorliegenden Vermerk der Staatsanwaltschaft.
Die Parteien haben darüber gestritten, ob die Überweisung über 6,7 Mio. EUR an die FiFA der Begleichung einer Verbindlichkeit von A in Höhe von CHF 10 Mio. gegenüber B habe dienen sollen und ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger davon Kenntnis gehabt habe.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands der 1. Instanz im Übrigen sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit dies für die Berufung noch von Bedeutung ist - ausgeführt, dass die Beschreitung des Zivilrechtswegs vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens bzw. die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zwar zulässig, die Klage jedoch unbegründet sei. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger sei nicht amtspflichtwidrig erfolgt. Nach den Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung habe festgestanden, dass im Rahmen der Steuererklärung 200X durch die Ausweisung des "Kulturbeitrags" als Betriebsausgabe eine Steuerverkürzung eingetreten sei. In organisatorischer Hinsicht sei der Kläger bis September 200X als Vizepräsident des WM-OK zuständig für Finanzen gewesen. Der Kläger habe zwar nicht die Steuererklärung 200X unterschrieben, er habe jedoch vorbereitend durch Mitverantwortung der Bilanz per 31.12.200X an der Erstellung der Steuerklärung mitgewirkt. Der Kläger habe auch seit Ende April 200X Kenntnis davon gehabt, dass eine andere Verabredung über die Verwendung der 6,7 Mio. EUR als die Verwendung für die "...