Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß durch Vermittlung von Personenbeförderungsaufträgen ohne Genehmigung
Leitsatz (amtlich)
Die Durchführung entgeltlicher Personenbeförderungsaufträge ohne Genehmigung verstößt gegen das Personenförderungsgesetz und stellt zugleich eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Für diesen Wettbewerbsverstoß ist auch der Betreiber eines App-basierten Dienstes zur Vermittlung entsprechender Fahraufträge verantwortlich. Das hiergegen gerichtete Verbot ist sowohl mit dem Verfassungsrecht als auch mit dem Unionsrecht vereinbar.
Normenkette
UWG § 3; PBefG §§ 2, 46
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.03.2015; Aktenzeichen 3/8 O 136/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.03.2015 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen des Angebotes internetgestützter Vermittlungsleistungen zur Personenbeförderung geltend.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Taxizentralen in Frankfurt am Main, München, Dortmund und anderen Städten in Deutschland. Unternehmensgegenstand ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitgliedsunternehmen. Zum diesem Zweck betreibt die Klägerin u.a. eine Taxi-Bestell-App "Taxi Deutschland" sowie den mobil abrufbaren Taxi-Bestellruf "22456".
Die Beklagte ist ein niederländisches Unternehmen, das sog. "Ride Sharing"-Dienste anbietet, die u.a. über die hier streitgegenständliche Internet- und Smartphone-Applikation "UBER POP" vermittelt werden. Interessenten, die von Zeit zu Zeit eine Fahrt benötigen, können sich über die Applikation "UBER" bei der Beklagten registrieren. Privatpersonen, die eine Fahrt mit dem eigenen Personenkraftwagen anbieten möchten, können sich bei der ... B. V., einer mit der Beklagten verbundenen Gesellschaft, registrieren lassen. Für diese Registrierung ist eine Genehmigung zur Personenbeförderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG nicht erforderlich.
Wenn ein Interessent eine Fahrt über UBER POP anfragt, sucht das System der Beklagten einen passenden Fahrer heraus, zeigt dies dem Nutzer an und teilt ihm mit, wie lange es dauern wird, bis der Fahrer erscheint. Darüber hinaus gibt die App "UBER POP" die Tarifbildung vor und übernimmt die Abrechnung der Fahrdienstleistung für den Fahrer unter Verwendung der vom Nutzer hinterlegten Kreditkarte. Als Vermittlungsgebühr behält die Beklagte 20 % des Fahrpreises ein.
Die Klägerin wirft der Beklagten vor, damit ein wettbewerbswidriges Beförderungssystem zu etablieren, weil weder die registrierten Fahrer noch die Beklagte über eine Genehmigung zur Personenbeförderung verfügten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Frankfurt am Main verwiesen.
Die Beklagte hat am 28.4.2015 einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt. Auf dessen Inhalt wird verwiesen (Bl. 596 ff. d.A.). Das LG hat den Berichtigungsantrag durch Beschluss vom 20.1.2015 zurückgewiesen (Bl. 771 ff. d.A.).
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Beförderungswünsche von Fahrgästen über die technische Applikation "UBER" und über die technische Applikation "UBER POP" an Fahrer/Fahrerinnen zu vermitteln, soweit diese mit der Durchführung der Beförderungswünsche entgeltliche Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen durchführen würden, ohne im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu sein, es sei denn, das Gesamtentgelt für die Beförderungsfahrt übersteigt nicht die Betriebskosten der Fahrt (Treibstoff, Schmiermittel, Abnutzung der Reifen, Reinigung des Innenraums und anteilige Kosten der Wartung), wie geschehen anlässlich der Testfahrten in der Zeit vom 24.7. bis 6.8.2014 (S. 7 12 der Klageschrift in Bl. 7 12 d.A.).
Das LG hat zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stünden aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG a.F. i. V. §§ 1, 2 PBefG Unterlassungsansprüche zu. Beide Parteien vermittelten gegen Entgelt Fahrgäste an Fahrer und stünden bundesweit im Wettbewerb. Die Beklagte sei dabei nicht nur Vermittlerin, sondern sogar Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 PBefG. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG eingreife, denn die Fahrten seien entgeltlich und das Gesamtentgelt übersteige die für die Testfahrten ermittelten Betriebskosten. Das Verbot, keinen Gelegenh...