Leitsatz (amtlich)
1. Die Deutsche Börse kann einer Bank nicht untersagen, mit auf den DAX bezogenen Optionsscheinen zu handeln.
2. Eine Bank verhält sich beim Handel mit DAX-bezogenen Optionsscheinen nicht wettbewerbswidrig, weil hierduch nicht der DAX oder ein sonstiger Index zum Zwecke der Rufausbeutung übernommen wird. Es handelt sich vielmehr um eine zulässige Bezugnahme auf eine veröffentlichte und frei zugängliche Information.
3. Dabei darf in sachlicher und beschreibender Form auch darauf hingewiesen werden, dass Bezugsgröße der Wertpapiere der DAX ist. Nicht gestattet ist dagegen eine Verwendung des Begriffs DAX im Sinne einer Marke.
Normenkette
MarkenG §§ 14, 23; UWG §§ 2-4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 452/05) |
Nachgehend
Gründe
I. Die Parteien streiten über marken-, wettbewerbs- und lizenzvertragsrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der Emission indexbezogener Wertpapiere.
Die Klägerin ist eine Geschäftsbank, die die Emission von und den Handel mit Wertpapieren, u.a. von auf den Deutschen Aktienindex (DAX) bezogenen Optionsscheinen betreibt.
Die Beklagte ist die Trägerin der Frankfurter Wertpapierbörse. Sie betreibt daneben eine privatrechtliche Geschäftstätigkeit im Bereich der Kurs- und Indexvermarktung. Sie emittiert selbst keine Wertpapiere. Ein zum Konzernverbund der Beklagten gehörendes Unternehmen, die A AG, handelt mit DAX-bezogenen Terminkontrakten.
Der DAX ist ein Auswahlindex, der die Kurse der größten und umsatzstärksten inländischen Aktiengesellschaften abbildet. Die Berechnung und Veröffentlichung des DAX erfolgt durch die Beklagte an Hand einer Formel von Laspeyres, die u.a. die Anzahl der Werte im Index, die Schlusskurse der Aktien, das börsenzugelassene Aktienkapital der DAX-Unternehmen sowie den Berechnungszeitraum berücksichtigt.
Neben dem DAX führt die Beklagte weitere Indizes, u.a. den MDAX und den TecDAX.
Am 1.3.2005 veröffentlichte die Beklagte einen neuen Index unter der Bezeichnung "DivDAX". Dabei handelt es sich um einen Auswahlindex der 15 im DAX 30 enthaltenen Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite. Die Beklagte ist Inhaberin der Wortmarken DAX und DivDAX.
Beim Erwerb von Optionsscheinen erwirbt der Anleger einen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags, der sich aus der Differenz zwischen einem festgelegten Basiskurs und dem Marktkurs des Basiswertes bei Ausübung errechnet. Bei den auf den DAX bezogenen Optionsscheinen wird ein Zahlungsanspruch in Relation zu einem in einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlichten Stand des DAX gewährt.
Die Klägerin verwendet beim Vertrieb dieser Papiere die Formulierung: "Optionsscheine...bezogen auf den DAX". Auf die Anlagen K 4, K 6c, B 27 und B 28 wird zur näheren Darstellung Bezug genommen. Die Klägerin emittiert u.a. auch auf den DivDAX bezogene Optionsscheine, die sie in einem Verkaufsprospekt als "Unlimitid DivDAX-Indexzertifikat" bezeichnet. Auf die Anlage WK 12 wird insoweit Bezug genommen.
Die Parteien haben am 5.4.2001 einen Lizenzvertrag abgeschlossen (Anlage K 12), mit dem die Beklagte als Lizenzgeberin der Klägerin das Recht einräumte, die dort näher spezifizierten Finanzinstrumente, die sich auf die im Vertrag genannten Indizes beziehen, unter Benutzung der betreffenden Marken zu emittieren, zu vertreiben, notieren zu lassen, zu handeln und für sie zu werben. Nach § 4 des Vertrages gehört es zu den Pflichten des Lizenzgebers, die den lizenzierten Marken zugrunde liegenden Indizes zu berechnen oder durch qualifizierte Dritte berechnen zu lassen und die ermittelten Werte an den Lizenznehmer weiter zu geben. Als Gegenleistung war eine jährliche Pauschale von 100.000 EUR sowie eine weitere Einzelgebühr von 500 EUR für jedes indexbezogene Wertpapier zu zahlen. Während die Klägerin im Jahr 2001 Einzelgebühren i.H.v. insgesamt 165.300 EUR zahlte, beliefen sich diese Gebühren im Jahr 2005 auf 1,2 Mio. EUR. Die Parteien beendeten den Lizenzvertrag mit Wirkung zum 31.5.2006.
Wegen aller weiteren Feststellung wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin meint, Emittierung und Vertrieb der indexbezogenen Wertpapiere (DAX, DivDAX) verletze weder Markenrechte der Beklagten, noch seien sie wettbewerbsrechtlich zu beanstanden.
Die Klägerin hat behauptet, die Steigerung der vertraglichen Einzel-Lizenzgebühren beruhe auf einer Veränderung der Frequenz- und Lebensdauer der indexbezogenen Finanzprodukte. Diese Veränderung der Marktbedingungen sei bei Abschluss des Lizenzvertrages für die Parteien nicht voraussehbar gewesen und liege außerhalb des Einflussbereichs der Parteien und ihres, der Klägerin, Risikobereichs. Es sei Geschäftsgrundlage gewesen, dass die Zahl der emittierten Wertpapiere relativ gering und deren Laufzeit lang sein würde.
Durch die Entwicklung habe sich das Verhältnis zwischen Pauschal- und Einzellizenz in nicht mehr hinnehmbarer Weise zu ihren, der Klägerin, Lasten verschoben. Damit sei die Geschäftsgrundlage ...