Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung nach § 22 KUG widerrufen werden kann
Normenkette
KUG §§ 22-23; BGB § 823 Abs. 1, § 1004
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.09.2010; Aktenzeichen 2-03 O 138/10) |
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.03.2010; Aktenzeichen 2-03 O 138/10) |
Tenor
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 3.9.2010 (2-03 O 138/10) wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das vorgenannte Urteil abgeändert. Der Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 30.3.2010 wird aufgehoben und der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 60.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um Unterlassung der Verbreitung eines Filmbeitrags und um Äußerungen, die in diesem Filmbeitrag gefallen sind.
Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung auf den Tatbestand des Urteils des LG vom 3.9.2010 Bezug genommen.
Das LG hat im vorgenannten Urteil den Beschluss vom 30.3.2010 (einstweilige Verfügung) mit der Klarstellung bestätigt, dass sich die Untersagung auf den verfahrensgegenständlichen Filmbeitrag bezieht, wie dieser auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten - nachstehend Beklagte genannte - veröffentlicht worden ist. Im Übrigen hat es die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Wegen der Begründung des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 9.9.2010 zugestellte Urteil hat der Verfügungskläger - nachstehend Kläger genannt - mit einem am 24.9.2010 eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 4.11.2010 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Zur Begründung seines Rechtsmittels führt er aus, es liege keine konkludente Einwilligung in die Verwendung des Interviews durch die Beklagte in dem streitgegenständlichen Zusammenhang vor. Die dem ... Rundfunk gegenüber erklärte Einwilligung sei inhaltlich ausdrücklich auf die Ausstrahlung seines Bildnisses in einem Bericht über den Fall "X" durch den ... Rundfunk und zwar im Fernsehen und dort im "Y-Magazin" begrenzt. Dies ergebe sich aus der Interviewanfrage des ... Rundfunks vom ... 2009, die ausdrücklich darauf ausgerichtet gewesen sei und insbesondere beschränkt auf den Fall "X". Die Einwilligung zur Verwertung der Interviewaufnahmen in dem Bericht "..." lasse sich auch nicht aus dem Gesprächsinhalt herleiten. Eine Auslegung der Einwilligung komme nicht in Betracht, da ihre Reichweite ausdrücklich bestimmt gewesen sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass Voraussetzung einer wirksamen stillschweigend erteilten Einwilligung sei, dass dem Betroffenen Zweck, Art und Umfang der Veröffentlichung bekannt gewesen sei. Solange dies nicht der Fall sei, könne der Betroffene auch keine wirksame Einwilligung erteilen. Eine etwaige Einwilligung gegenüber dem ... Rundfunk würde auch nicht für die Beklagte wirken. Ob die Sendung "Y-Magazin" eine Gemeinschaftsproduktion des ... Rundfunks und der Beklagten war, und ob dem Kläger dies bekannt sein musste, spiele keine Rolle. Der Zulässigkeit der Bildberichterstattung stehe auch die Veröffentlichung in einem mitunter unwahren und ehrverletzenden Kontext gegenüber.
Der Kläger beantragt, der Beklagten unter Aufhebung des Urteils des LG Frankfurt/M. vom 3.9.2010 und unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Komplementärin, zu untersagen, Filmaufnahmen von der Person des Klägers, die in dem Filmbeitrag "..." enthalten sind, zu verbreiten, so wie dies unter http://www ... html geschehen ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Verwendung der Filmaufnahmen durch die Beklagte von der Einwilligung des Klägers gedeckt ist. Das Interview sei auch über die Sicherheit der ermittelten Beweise und der eingesetzten Software geführt worden. Orientiert an der urheberrechtlichen Zweckübertragungsregel sei für alle Beteiligten erkennbar, dass sich die Einwilligung auch auf die Verbreitung der Filmaufnahmen im Internet durch die Beklagte erstreckt. Nach der Rechtsprechung und Literatur zur Einwilligung in die Veröffentlichung von Filmaufnahmen bei Fernsehmagazinen sei nicht nur die Weiterverbreitung im Internet, sondern auch die Weitergabe an dem Abgebildeten unbekannte Dritte mangels ausdrücklicher Beschränkung zulässig, solange dies üblich und zu erwarten sei. Die Filmaufnahmen zeigten den Kläger in einer neutralen Interviewsituation am Schreibtisch ...