Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung eines Unternehmens mit "jahrelanger Erfahrung"
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, wie der Verkehr die Werbung mit "jahrelanger Erfahrung" versteht
2. Der Hinweis auf Alter und Tradition eines Unternehmens in einer Werbeäußerung suggeriert Kontinuität. Daher muss eine wirtschaftiliche Fortdauer vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren als wesensgleich angesehen werden können. Bei wirtschaftlicher Identität sind Inhaberwechsel oder Rechtsnachfolge unerheblich.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.09.2019; Aktenzeichen 3-8 O 139/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4.9.2019 teilweise abgeändert.
Die Klage wird auch abgewiesen, soweit das Gericht die Beklagte verurteilt hat, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Whirlpools mit einer langjährigen Erfahrung mit der Formulierung: "Unsere jahrelange Erfahrung im Bereich der Whirlpools..." und/oder "... unserer jahrelangen Erfahrung im Wellness-Bereich..." zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage CF 8 wiedergegeben (Tenor I. 2. des angegriffenen Urteils).
Die Klage wird auch abgewiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrages verurteilt wurde, der 681,19 EUR nebst Zinsen in titulierter Höhe übersteigt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu 32%, die Beklagte zu 68% zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 23%, die Beklagte zu 77% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien vertreiben u.a. Whirlpools. Die Beklagte ist Inhaberin der Domain (a).de. Gegenstand dieser Klage sind ein von der Klägerin behaupteter Verstoß der Beklagten gegen ihre Impressumspflicht. Darüber hinaus rügt die Klägerin mehrere Angaben der Beklagten auf ihrer Internetseite als irreführend und beanstandet weiterhin eine Werbeanzeige der Beklagten in der Zeitschrift "b".
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), hat der Klage teilweise stattgegeben.
Die Beklagte ficht das Urteil mit der vorliegenden Berufung an, soweit sie verurteilt wurde. Die Klägerin verfolgt im Wege der Anschlussberufung ihre erstinstanzlich erfolglos gebliebenen Anträge weiter. Eine erstinstanzlich von der Beklagten erhobene Widerklage hat das Landgericht rechtskräftig abgewiesen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin,
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der zu wieder Handlung zu unterlassen,
1. Im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Whirlpools mit einer allein - beziehungsweise Spitzenstellung mit der Formulierung
"... Europas größtem Spa - und Wellness - Anbieter..."
zu werben, insbesondere, wenn dies geschieht wie in der Anlage CF 5 wiedergegeben;
und/oder
2. im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit Whirlpools diese zu bewerben/bewerben zu lassen und/oder in den Verkehr zu bringen/in den Verkehr bringen zu lassen, soweit das entsprechende Whirlpoolmodell die grundlegenden Anforderungen des § 7 des Medizinproduktegesetzes nicht erfüllt und/oder für das entsprechende Whirlpoolmodell kein vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 37 Abs. 1 MPG (hier: gemäß § 7 Abs. 4 MPV) durchgeführt worden ist, insbesondere indem der Nachweis der Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen keine klinische Bewertung gemäß Anhang X der Richtlinie 93/42/EWG umfasst, wenn dies geschieht, wie in Anlage CF 10 wiedergegeben;
II. die Beklagte weiter zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend in Ziffer I. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Art, das Zeitpunktes und der Anzahl der Werbemaßnahmen;
III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen,...