Entscheidungsstichwort (Thema)
Marken- und wettbewerbsrechtlicher Schutz des Designs eines Schreibstiftes
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Schutzumfang einer eingetragenen Marke, die aus einer Farbkombination (orange/weiß) sowie weiteren Angaben dazu besteht, wie diese Farben auf einem bestimmten Erzeugnis (Schreibstift) angeordnet sind.
2. Zum ergänzenden Leistungsschutz des Designs eines Schreibstiftes
Normenkette
MarkenG § 14; UWG § 4 Nr. 9
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.07.2009) |
Tenor
Nach teilweiser Klagerücknahme in der Berufungsinstanz (Ziff. II. 2., 3., 5. des Tenors des angefochtenen Urteils) wird die Berufung der Beklagten gegen das am 8.7.2009 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass
- in Ziffern I.1. und I. 2. des Tenors des angefochtenen Urteils der Text vor den Abbildungen jeweils lautet:
"Stifte, bei denen ungeachtet der Grundfarbe des Stiftes die Kanten wie aus den nachfolgenden Abbildungen ersichtlich weiß abgesetzt sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu verkaufen und/oder zu bewerben:"
(Abbildung entfernt)
- die Abbildungen der Einzelstifte in Ziff. I.1. des Tenors des angefochtenen Urteils durch folgende Abbildungen ersetzt werden:
- die Abbildungen der Einzelstifte in Ziff. I. 2. des Tenors des angefochtenen Urteils durch folgende Abbildungen ersetzt werden:
(Abbildung entfernt)
Die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil bleibt aufrechterhalten. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 190,000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verletzung ihrer am 30.10.2003 angemeldeten und am 21.4.2005 beim deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 30356598.5 für die Warenklasse 16 "Schreibgeräte, nämlich Bleistifte, Farb- und Kopierstifte, Druck-, Fall- und Drehbleistifte, Kugelschreiber, Filz- und Faserschreiber, Füllfederhalter, mechanische Stifte, Textmarker und Highlighter" eingetragenen Farbmarke "orange, weiß" sowie wegen Verstoßes gegen den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz in Anspruch. Die Klagemarke hat folgendes Erscheinungsbild:
(Abbildung entfernt)
Dabei enthält die Eintragungsurkunde die folgende Markenbeschreibung: "Farbkombination aus den Farben orange (pantone 1495C) und weiß, die auf dem Grundkörper eines langgestreckten Schreibgeräts polygonalen Querschnitts in folgender Weise angebracht sind: Weiße und orangefarbenen Streifen in alternierender Folge, wobei die weißen Streifen entlang der Kanten der Schreibgeräte aufgebracht sind, während die orangefarbenen Streifen, die etwa die dreifache Breite der weißen Streifen aufweisen, zwischen den Kanten der Schreibgeräte liegen."
Die Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz stützt die Klägerin auf ihren im Jahr 1977 eingeführten STABILO Point 88 Fineliner (im Folgenden "Point 88" genannt) und den bereits Ende der 1960er Jahre auf den Markt gebrachten Faserschreiber STABILO Pen 68 (im Folgenden "Pen 68" genannt) gemäß der folgenden Abbildungen:
(Abbildung entfernt)
Der Point 88 weist einen sechseckigen Korpus und eine ebenfalls sechseckige Kappe auf, wobei der Korpus unabhängig von der Schreibfarbe in dem Orange der Klagemarke gehalten und an seinen (sechs) Kanten jeweils weiß abgesetzt ist. Die Kappe des Stiftes und sein rundes Endstück sind in der jeweiligen Schreibfarbe gehalten. Der Pen 68 unterscheidet sich von dem Point 88 dadurch, dass der gesamte Stift - mit Ausnahme des immer schwarzen Endstücks - in der jeweiligen Schreibfarbe gehalten ist.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihren beiden Stiftmodellen komme wettbewerbliche Eigenart zu. Sie behauptet eine erhebliche Bekanntheit der beiden Stifttypen bei den angesprochenen Verkehrskreisen und trägt vor, dass von dem "Pen 68" in dem Zeitraum von 2000 und 2007 pro Jahr zwischen 8,609,665 (Jahr 2004) und 13,197,233 (Jahr 2007) Stück abgesetzt wurden. Die entsprechenden Zahlen für den "Point 88" lauten für den Zeitraum 2000 bis 2007: Mindestens 42,841,034 (Jahr 2005) und höchstens 71,238,233 (Jahr 2000) Stück - zzgl. bis zu ca. 1 Mio. Stück einer löschbaren Version und 2,317,616 Stück einer sog. Miniserie.
Das LG hat die Beklagte unter Zurückweisung eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs antragsgemäß verurteilt. Es hat dabei die Auffassung vertreten, den Stiften der Klägerin komme wettbewerbliche Eigenart zu. Der beanstandete Stift stelle eine Nachahmung des Point 88 der Klägerin dar. Soweit sich die Stifte der Beklagten in Form und Farbe von dem Point 88 unterscheiden, reichten diese Abweichungen nicht aus, um eine Herkunftstäuschung auszuschließen. Denn für den angesprochenen Verkehr sei die Anzahl der Ecken des Querschnitts und der Kantenstreifen auf dem Stiftkörper schön aus kürzester Entfernung oder in einer Verpackung...