Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 311 O 38/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3.12.2021, Az.: 311 O 38/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Februar 2021 41 Jahre alte Kläger lebt in Hamburg.
Die Beklagte ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden deutschen Wirtschaft. Sie stellt ihren Vertragspartnern in Bezug auf kreditrelevante Geschäfte Informationen zur Verfügung.
Der Kläger begehrt zum einen die Löschung der Information, dass ihm per 10.12.2019 eine Restschuldbefreiung erteilt wurde, und zum anderen die Wiederherstellung seines Scorewertes.
Nachdem über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde ihm am 10.12.2019 eine Restschuldbefreiung erteilt. Ebenfalls am 10.12.2019 hat die Beklagte folgende Eintragung vorgenommen:
"Aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte stammt die Information, dass zu dem unter dem Aktenzeichen 12IK271-16PLZ27472 geführten Insolvenzverfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung am 10.12.2019 mitgeteilt wurde."
Mit Schreiben vom 24.07.2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Löschung dieser Eintragung auf (Anlage K 7), was die Beklagte mit Schreiben vom 12.08.2020 ablehnte (Anlage K 8).
In der Wohlverhaltensphase und während bei der Beklagten die Information über das laufende Insolvenzverfahren eingetragen war, zog der Kläger in die Wohnung seines Bruders im E... 2 D in Hamburg. Er hat ein Girokonto, das er in der Wohlverhaltensphase eröffnete. Ein neues Girokonto eröffnete der Kläger während des Berufungsverfahrens bei der ING-DiBa AG. Ebenfalls während des Berufungsverfahrens zog der Kläger in eine Wohnung in der B. Str... in Hamburg um. Der Kläger hat einen Mobilfunkvertrag bei der Telekom Deutschland GmbH. Anfragen eines Energieversorgers, eines Vermieters oder eines Mobilfunkanbieters bei der Beklagten wurden seit der Eintragung nicht gestellt. Die an die Beklagte gerichteten Anfragen erfolgten im Zusammenhang mit potentiellen Giro-, Kreditkarten-, Leasing- und ungesicherten Kreditverträgen. Eine weitere Anfrage betraf einen Rechnungskauf.
Der Kläger hat in erster Instanz geltend gemacht, er benötige dringlich eine neue Wohnung, da ihm seine gegenwärtige Wohnung zu groß sei und er Kosten sparen möchte. Aufgrund des Eintrages bei der Beklagten sei es ihm nicht möglich, eine solche zu finden. Mehrere Vermietergesellschaften oder Maklerbüros hätten ihm mitgeteilt, dass ein Abschluss eines Mietvertrags mit dem Negativeintrag bei der Beklagten nicht möglich sei. Ebenso sei es ihm aufgrund des Negativeintrags bei der Beklagten nicht möglich, einen günstigeren Energieversorgungsvertrag, einen Mobilfunkvertrag und einen Girokontovertrag bei der Commerzbank AG und der comdirect bank AG abzuschließen (Ablehnungsschreiben der Banken: Anlagen K 4 und K 5).
Der Kläger hat vorgetragen, er habe ein Bruttoeinkommen von EUR 3000 und könne die angestrebten Verträge leicht bedienen. Der Eintrag bei der Beklagten verzerre seine Bonität.
Der Eintrag beeinträchtige ihn in seiner gesamten Handlungsfreiheit und stigmatisiere ihn auch in persönlicher Hinsicht, es sei ihm unmöglich, adäquat am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sich sein Fall von üblichen Löschungsanträgen unterscheide, weil er gerade versuche, die Lehren aus der Privatinsolvenz zu ziehen und günstigere Verträge abzuschließen. Er wolle gerade keine neuen Schulden aufnehmen.
Der Kläger hat beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem elektronischen Datenbestand (Computer) gespeicherten Informationen: "Aus den öffentlichen Verzeichnissen der Insolvenzgerichte stammt die Information, dass zu dem unter dem Aktenzeichen 12IK271-16PLZ27472 geführten Insolvenzverfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung am 10.12.2019 mitgeteilt wurde." zu löschen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Scorewert des Klägers in der Weise wiederherzustellen, als habe es die unter dem Antrag zu 1) vorgenommene Speicherung nicht gegeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, eine Interessenabwägung vorzunehmen und zu prüfen, ob und wie lange die berechtigten Interessen an einer Kredit Auskunft über eine Restschuldbefreiung den schutzwürdigen Belangen der betroffenen Person überwiegen. Der Kläger befinde sich in keiner besonderen Situation. Der Kläger hätte außerdem bei den Banken Girokonten eröffnen können, nur nicht als online-Eröffnung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 N...