Entscheidungsstichwort (Thema)
Einziehung von Wertersatz. Vollstreckung. Pfändung. Einwendungen. Art und Weise der Zwangsvollstreckung. Strafvollstreckungskammer. Rechtsbehelf. sofortige Beschwerde. Statthaftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Werden bei einem Verurteilten zur Vollstreckung der Einziehung von Wertersatz gem. § 73c StGB bewegliche Sachen gem. §§ 808, 811 ZPO gepfändet, so handelt es sich bei der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über Einwendungen des Verurteilten gegen diese Pfändung um eine Entscheidung nach §§ 459g, 459o StPO, gegen die gem. § 462 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 StPO die sofortige Beschwerde statthaft ist.
2. Der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass es sich bei der erhobenen Einwendung um eine solche nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO handelt. Die in der Literatur vertretene Auffassung, nach der die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffende Einwendungen anhand der einschlägigen, zwangsvollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe des Zivilprozessrechts und ggf. vor den Zivilgerichten zu verfolgen sind, findet in Wortlaut, Systematik und Regelungszeck keine ausreichende Stütze und wird vom Senat nicht geteilt.
Normenkette
StGB § 73c; StPO §§ 459, 459g, 459o, 462; ZPO §§ 4771, 808, 811; JBeitrG § 1 Abs. 1 Nr. 2a, § 6 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 100 StVK 2968) |
LG Bielefeld (Aktenzeichen 100 StVK 2990/20) |
Tenor
- Die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird als unzulässig verworfen.
- Die sofortige Beschwerde der Beteiligten A wird als unbegründet verworfen.
- Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
I.
Am 10. Mai 2019 ordnete das Amtsgericht Bielefeld über das Vermögen des Verurteilten den Vermögensarrest in Höhe von 507.203,46 € an. Deshalb wurden am 15. Mai 2019 bei dem Verurteilten ein Fahrzeug D 500 SL, Kennzeichen XX-++ 11, und ein Fahrzeug D C-Klasse Cabrio, Kennzeichen XX-++ 10, gepfändet.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 16. August 2019 widersprach die Beteiligte A, die Mutter des Verurteilten, der Verwertung des Fahrzeugs XX-++ 11 mit der Begründung, sie sei Eigentümerin.
Am 15. November 2019 verurteilte des Amtsgericht Bielefeld den Verurteilten wegen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall in zwei Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß in zwei Fällen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus Urteilen des Landgerichts Bielefeld vom 28. Oktober 2015 und des Landgerichts Paderborn vom 9. Mai 2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Zugleich ordnete es die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 507.203,46 € an. Das Urteil ist seit dem 11. Dezember 2019 rechtskräftig, die Strafe wird seither vollstreckt.
Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2020 bestellte sich der Bevollmächtigte der Beteiligten A auch als Verteidiger des Verurteilten und widersprach der Verwertung des Fahrzeugs XX-++ 10, da der Angeklagte dieses benötige, um zu seiner (in der Haft neu angenommenen) Arbeitsstelle in B zu gelangen.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. August 2020 hat die Beteiligte A beantragt, die Verwertung des Fahrzeugs XX-++ 11 einzustellen und das Fahrzeug an sie - die Beteiligte A - herauszugeben. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat den Antrag als Drittwiderspruchklage behandelt und diese mit Beschluss vom 10. November 2020 (Az. 100 StVK 2968/20) als unbegründet abgewiesen. Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten A am 16. November 2020 zugestellt. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte A sofortige Beschwerde eingelegt. Die Rechtsmittelschrift ist am 23. November 2020 beim Landgericht Bielefeld eingegangen.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 3. September 2020 hat der Verurteilte beantragt, die Einziehung des Fahrzeugs XX-++ 10 aufzuheben, die Verwertung einzustellen und das Fahrzeug an ihn herauszugeben. Diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer als Vollstreckungserinnerung behandelt und mit weiterem Beschluss vom 10. November 2020 (100 StVK 2990/20) ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Der Beschluss wurde dem Verurteilten am 17. November 2020 in der Justizvollzugsanstalt C zugestellt. Auch der Verurteilte hat sofortige Beschwerde eingelegt. Seine Rechtsmittelschrift ist am 30. November 2020 beim Landgericht Bielefeld eingegangen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortigen Beschwerden als unbegründet zu verwerfen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die ausführliche Darstellung in den angefochtenen Beschlüssen Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist unzulässig. Denn sie wurde entgegen § 311 Abs. 2 StPO nicht innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung eingelegt.
1.
Statthaftes Rechtsmittel gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 10. November 2020 ist gem. § 462 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 StPO die sofortige Beschwerde. Es handelt sich bei diesem um eine Entscheidung nach §459o StPO. Denn...