Entscheidungsstichwort (Thema)
Tierhalterhaftpflichtversicherung: Mitversicherter "Tierhüter"
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherungsnehmer kann vom Haftpflichtversicherer grundsätzlich nicht die Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen.
2. Bevor das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist, kann der Versicherungsnehmer nur auf Feststellung klagen, dass der Haftpflichtversicherer wegen einer im einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe.
3. Der Begriff der mitversicherten Person ist im Rahmen der Ausschlussklausel für Haftpflichtansprüche Angehöriger, die zu den mitversicherten Personen gehören, ebenso auszulegen wie bei der Beschreibung des versicherten Risikos.
4. Die Mitversicherung der gesetzlichen Haftpflicht des "Tierhüters" setzt nach dem Wortlaut und der bei Beschreibung des versicherten Risikos erkennbaren Interessenlage der Parteien nicht voraus, dass der Tierhüter aufgrund gesonderter Vereinbarung iSd § 834 BGB die tatsächliche Gewalt über das Tier ausübt.
Tenor
Die Berufung ist dann, nachdem der Berufungsführer zu dem Hinweis nicht mehr Stellung genommen hat, ohne weitere inhaltliche Ausführungen zurückgewiesen worden durch Beschluss vom 23.11.2015.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer privaten Tierhalterhaftpflichtversicherung wegen eines von seiner Tochter mit dem versicherten Pferd E am 15.08.2014 erlittenen Reitunfalls in Anspruch.
Ausweislich des Versicherungsscheins vom 06.03.2014 deckt die Haftpflichtversicherung die Risiken bei der Verwendung des Pferdes für eigene und unentgeltliche Zwecke und den unentgeltlichen Verleih an fremde Reittiernutzer. Gemäß Ziffer G. 1.1 der Produkt- und Leistungsbeschreibung der Haftpflichtversicherung ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als privater Tierhalter von Pferden versichert. Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Hüters, sofern er nicht gewerbsmäßig tätig ist. Mitversichert ist nach Ziffer G. 1.4 die gesetzliche Haftpflicht aus der Teilnahme an Turnieren und den Vorbereitungen hierzu.
Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind nach Ziffer 4.2.2.1 der HBP 07/12 Haftpflichtansprüche von Angehörigen des Versicherungsnehmers, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben oder die zu den im Versicherungsvertrag mitversicherten Personen gehören.
Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf das vom Kläger gereichte Bedingungswerk verwiesen (Bl. 52 - 73 d.A.).
Am 15.08.2014 wurde das versicherte Pferd von der damals 4x-jährigen Tochter des Klägers, Frau ..., im Rahmen eines Springturniers geritten. Dabei stürzte das Pferd an einem Hindernis, so dass die Tochter des Klägers zu Fall kam und sich verletzte.
Der Kläger verlangte von der Beklagten die Haftungsübernahme im Hinblick auf die aus seiner Sicht berechtigten Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche seiner Tochter.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die berechtigten Haftpflicht- und Schmerzensgeldansprüche aus dem Reitunfall der Frau ... vom 15.08.2014 gegen den Kläger aufzukommen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 435,41 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Tochter des Klägers sei beim Reiten des Pferdes auf dem Springturnier Tierhüterin im Sinne des Bedingungswerks gewesen und als mitversicherte Angehörige deshalb vom Versicherungsschutz gem. Ziffer 4.2.2.1 HPB 07/12 ausgeschlossen. In der konkreten Unfallsituation habe sie allein das Pferd geführt, ihm Hilfen erteilt und damit die Aufsicht über das Pferd ausgeübt.
Für die Annahme der Tierhütereigenschaft genüge es, wenn eine Person in rein tatsächlicher Hinsicht die Aufsicht über das Pferd übernehme und sich in dieser Eigenschaft gegenüber anderen schadenersatzpflichtig machen könne. Auf eine vertragliche bindende Übernahme der Aufsichtspflicht komme es nicht an, auch die Voraussetzungen der Tieraufsehereigenschaft iSv § 834 BGB müssten nicht erfüllt sein.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Beklagte außerdem die Ansicht vertreten, die Haftung des Klägers gegenüber seiner Tochter sei schon deshalb ausgeschlossen, weil diese auf eigene Gefahr an dem Springturnier teilgenommen habe.
Das LG hat die Klage mit dieser Erwägung abgewiesen. Der streitgegenständliche Reitunfall sei schon nicht versichert, weil der Kläger seiner Tochter wegen ihres Handelns auf eigene Gefahr nicht auf Schadener...