Leitsatz (amtlich)
1) Im Verfahren nach den §§ 442ff FamFG können auch die Eigentümer von nicht gebuchten Miteigentumsanteilen aufgeboten werden.
2) Zur Verfahrensweise bei Erhebung von Einwendungen nach Erlass des Aufgebots.
Normenkette
FamFG §§ 442-444
Verfahrensgang
AG Lemgo (Aktenzeichen 19a II 27/16) |
Tenor
Der Beschluss wird abgeändert.
Das beim Amtsgericht anhängige Aufgebotsverfahren wird ausgesetzt.
Der Beteiligten zu 1) wird eine Frist von drei Monaten zur klageweisen Geltendmachung ihrer behaupteten Eigentumsrechte gegen den Beteiligten zu 2) gesetzt. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses an die Beteiligte zu 1). Die Zustellung einer entsprechenden Klageschrift in einem gegen den Beteiligten zu 2) gerichteten Zivilprozess ist gegenüber dem Amtsgericht nachzuweisen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine Erstattung der den Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch von M unter anderem wie folgt eingetragen:
"Miteigentumsanteil an den Flurstücken Gemarkung G1".
Bei diesen Flurstücken handelt es sich um Verkehrsflächen in einer Größe von 199 qm und 10 qm.
Etwaige weitere Miteigentümer dieser Grundstücke sind in keinem Grundbuch eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 8.11.2016 hat die Beteiligte zu 1) das Aufgebot über die unbezifferten Miteigentumsanteile an G1 beantragt und zur Begründung angeführt, dass sich diese Grundstücke spätestens seit dem Jahr 1976 in ihrem Eigenbesitz bzw. dem Eigenbesitz ihrer Rechtsvorgänger befunden hätten. Die entsprechenden Steuerbescheide seien allein ihren Rechtsvorgängern gegenüber ergangen. Die Richtigkeit ihrer Angaben hat sie an Eides statt versichert.
Mit Beschluss vom 1.12.2016 hat das Amtsgericht das Aufgebot zur Ausschließung der weiteren Miteigentümeranteile erlassen und die Inhaber der Miteigentumsanteile aufgefordert, ihre Rechte bis zum 29.03.2017 anzumelden.
Mit Schreiben vom 14.02.2017 hat der Beteiligte zu 2) unter näherer Darlegung geltend gemacht, dass er der Miteigentümer der Wegflurstücke sei. Er habe diese Wegparzellen in der Vergangenheit auch genutzt.
Mit Beschluss vom 15.05.2017 hat das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 8.11.2016 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Rechtspfleger unter anderem ausgeführt, dass der Aufgebotsantrag der Beteiligten zu 1) nach § 927 BGB angesichts des vom Beteiligten zu 2) behaupteten Eigenbesitzes schon nicht zulässig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 13.06.2017, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 16.06.2017 nicht abgeholfen und die es zunächst dem sachlich nicht zuständigen Landgericht Detmold zur Entscheidung vorgelegt hat.
Nach Eingang des Verfahrens beim sachlich zuständigen Senat hatten die Beteiligten Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig und führt in der Sache dazu, dass das beim Amtsgericht anhängige Aufgebotsverfahren ausgesetzt wird und der Beteiligten zu 1) eine Frist zur Einreichung einer Klage gesetzt wird, mit der sie ihre behaupteten Eigentumsrechte gegenüber dem Beteiligten zu 2) feststellen lässt.
Der von der Beteiligten zu 1) gestellte Antrag vom 8.11.2016 auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens über die nicht gebuchten Miteigentumsanteile an den im Tenor näher bezeichneten Grundstücken ist rechtlich möglich. Es ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, dass auch Miteigentumsanteile zum Gegenstand eines Aufgebotsverfahrens gemacht werden können (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2017 - 20 W 117/16 - zitiert nach juris; Münchener Kommentar zum BGB-Kanzleitner, 7. Auflage, § 927 Rn. 3; Staudinger-Pfeifer, BGB, Neubearbeitung 2011, § 927 Rn. 4).
Voraussetzung für den Erlass des gerichtlichen Aufgebots in den Fällen, in denen es an einer Eintragung des Eigentümers (hier: eines weiteren Miteigentümers) fehlt, ist ferner, dass der Antragsteller seinen mindestens 30 Jahre währenden Eigenbesitz glaubhaft macht (§§ 443, 444 FamFG). Im vorliegenden Fall hat der Rechtspfleger die von der Beteiligten zu 1) vorgelegten Unterlagen und die von ihr abgegebene Versicherung an Eides Statt ausreichen lassen, um das Aufgebot zu erlassen.
Angesichts des dem Rechtspfleger bekannten Anspruchs des Beteiligten zu 2) auf die Grundstücke hätte es nahe gelegen, diesem v o r Erlass des Aufgebots rechtliches Gehör zu gewähren. Hätte der Beteiligte zu 2) in diesem Rahmen - wie jetzt geschehen - seinerseits Eigenbesitz an den Grundstücken behauptet und - wie noch nicht erfolgt - auch glaubhaft gemacht, hätte das beantragte Aufgebotsverfahren abgelehnt werden können.
Da das Aufgebot nach § 445 FamFG aber erfolgt ist, der Beteiligte zu 2) seine vermeintlichen Rechte im Rahmen dieses Aufgebotsverfahrens geltend gemacht hat, und im Aufgebotsverfahren eine rechtliche Klärung über das Bestehen der vermeintlichen Rechte nicht erfolg...